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| 2 ao n “orne e NR USUS FÜZETEK, Vol. III. parte I. 1879. MUSAEO NATIONALI HUNGARICO EDITO.
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E Bu PROTISTOLOGIE
Mois ree. Ge Ewrz.
In meiner Abhandlung uber die Rhizopoden des nächst Klausenburg | gelegenen Szamosfalvaer Kochsalz-leiches machte ich bereits dessen A Erwähnung (d. Zeitschr. I. Bd. 3. Heft 1877 p. 186), dass fortgesetzte
À Untersuchungen es mir ermôglichten zu jenen Salzwasser-Infusorien,
. welche ich in den Jahrbüchern der im Jahre 1875 zu Elópatak tagenden
sa XVIII. Wander- Versammlung ung. Aerzte und Naturforscher beschrieb, : ies E noch einige hinzuzufügen. | AN Diese theils für den Salzteich, theils überhaupt neue Infusorien sind Ax die Folgenden: = 1. Litonotus grandis, n. sp. É 2. Placus striatus, Coun (?) ts | 3. Lacrymaria Lagenula, Cras. & Lacnw. | * 4. Enchelys nebulosa, ‘Eure. TER 4 5. Ervilia salina, n. sp. EM. ea E 6. Metopus sigmoides, CrA». & LACHM. * | 7. Sparotricha vexillifer, n. g. et sp. /;. "MES. 8. Stichotricha Mülleri (— Chaetospira Mülleri & Ch. mu- | | | cicola, Lachm.) x 1 ee
9. Styloplotes appendiculatus, Es €
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im er angetroffen; Metopus sigmoides und Vaginicola E) lebt sowohl im Süss- als Auch im Seewasser; Enchelys nebulosa und Sti
chotricha Mülleri sind Süsswasser-Formen, doch gehören beide zu Gattungen, Welche auch im Seewasser vertreten sind; von den drei neuen Infusorien sind die nächsten Verwandten der Ervilia salina, E. fluviatili | ausgenommen, marine Árten, wührend die Verwandten von Litonotus gran- dis im Suss- und Seewasser leben, die Sparotricha vexillifer endlich steh am nächsten mit dem Genus Stichotricha, dessen Repräsentanten SOWO
im Süss- als auch im Seewasser vorkommen. Aus dieser Zusammenste
Susswasser-Fauna steht, an ue neueren Beobachtungen eine pec Stütze findet. | à
Es sei mir gestattet ausser der Beschreibung der neuen Salzwasser- Infusorien noch einige an anderen Salzwasser-Infusorien gemachten Beo-
bachtungen mitzutheilen. .
LITONOTUS GRANDIS, n. sp.
(VIII. Taf. Fig. 1—2.)
sionsthier in der Gesellschaft der verhältnissmässig hen ae : fasciola ziemlich ‚häufig, doch stets vereinzelt im lange aufbewahrten
zu ne Organisations- SEDET, Busan absit uM mit anderen Species von n Litonotus durfte es kaum zu verwechseln sein. A
geprägt, jene ist ganz flach, von der Rückenseite hingegen ist der nie V d Theil, besonders bei contrahirten und mit Nahrung erfüllten Exemplaren, E :
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SEE Y MES DUNT. x uU ^ 5 . a bos fi vs m + À Me EA Li je ve m A ninder eehoben und bildet gewissermassen einen sackfórmigen EN cel welcher besonders bei Seitenansieht deutlieh wird. Die Gesammt- ;
M form ist, wie bei anderen Litonotus-Arten, oder bei Loxophyllum Meleagris,
" lanzenformig, nach vorne sich in einen Rüssel versehmülernd, welcher
B ou einem ungarischen Säbel an der Spitze gekrümmt, rechterseits con-
4 cav, linkerseits convex ist und hier stets einen auf die Rückenseite gestülp-
ten Saum trägt; der hintere Körpertheil endet, je nachdem das Infusions-
thier sieh streckt, oder contrahirt, bald spitz, bald stumpf. Der ganze | a : . Kórper ist in hohem Grade contractil und zeigt sich bald gestreckt und verschmälert (VIIT. 2), bald contrahirt und ausgebreitet (XIII. 1.). Der
Russel ist besonders contractil und mobil, doch erreicht er beiweitem
zs nicht jene blitzartige Beweglichkeit, wie bei Litonotus folium.
E Auf der Bauchseite lassen sich zweierlei Streifen unterscheiden:
4—5 ziemlich weit stehende Längsstreifen ziehen wohl zuerst die Auf-
. merksamkeit auf sich, welche besonders bei gestrecktem Kórper zu sehen
. und eigentlich nur Falsen sind, welche erscheinen und wieder verschwinden
— (VIII. 2.); ferner dicht stehende sehr feine Streifen (VIII. 1.), welche jenen
bei sehr vielen Infusorien vorkommenden feinen Streifen entsprechen,
. welche, wenn sie nur einfach elastisch sind, aber keine selbständige Con-
- tractilitat besitzen und mit der Grenzmembran des Ectoplasma in engerem Zusammenhange stehen, für cuticuläre Streifen, — wenn sie hingegen auch
.. eine selbständige Contractilität besitzen und nicht mit der Grenzmembran,
— sondern vielmehr mit dem Ectoplasma eng zusammenhängen, für Muskel- E. t streifen, oder nach Harcxen’s Benennung für Myophanstreifen gelten; N^ . nach meiner Auffassung wenigstens ist es ganz unmöglich, zwischen Cuti- . eular- und Myophanstreifen eine scharfe Grenze zu ziehen. Diese letzteren _ bestündigen Streifen laufen, der Kórperform des Litonotus entsprechend geschweift, von der Spitze des Rüssels zum Schwanzende und sind an beiden — Enden je in einem Punkte vereinigt, was man freilich nur bei sehr hoch- — gradiger Contraction wahrnimmt und in diesem Falle erhalten wir, — von —. der grösseren Zahl und Gedrängtheit der Streifen abgesehen, — im Ganzen — dasselbe charakteristische Bild der Streifung, wie bei Litonotus fasciola . (1. 6); zumeist scheinen aber die Streifen aus einem mittleren bogenfor- | migen zu entspringen, welcher jedoch thatsächlich nur einer Furche ent- spricht, welche sich bei der Dehnung des Rüssels bildet, um bei der gänz- lichen Contraction desselben, welche allerdings nur sehr selten eintrifft, . spurlos zu verschwinden, und in diesem Falle ist dann das Entspringen . der Streifen aus einem einzigen Punkte ganz deutlich zu beobachten.
Der Litonotus grandis trägt, wie die Litonotus-Arten überhaupt, nur au der Bauchseite Cilien, ist mithin hypotrich und dies ist eben der Cha- Ed. weshalb Wrzesniowskr das Genus Litonotus vom nahe verwandten P Loxophyllum und Amphileptus, welche auch auf der Ruckenseite bewim-
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differenzirte Myophan-Streifen besitzen, wie etwa die Stentoren und Spi- -
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pert sind, trennte. ! Die dicht stehenden Cilien sind inge der Streifen angeordnet, wovon man sich an Exemplaren, welche i im eintrocknenden.
wurden, sehr gut ARES kann. Ausser diesen, die Locomotion befór-.' | dernden feinen Cilien, wird der linke Rand des Russels von einer Reihe längerer und stärkerer Cilien eingesäumt, welche an die adoralen Wimpern | der Aspidiseinen, Euplotinen und Oxytrichinen erinnern und von welehen — eine jede in einer kleinen Vertiefung sitzt, wodurch die linke Seite des = Rüssels nett gekerbt erscheint, was übrigens auch bei anderen Litonotus- Arten vorkommt. Diese stärkeren Cilien, oder vielmehr Borsten, welche — bei Litonotus folium (— Dileptus folium, Duj.) schon Dusarpry erkannte H und in ihrer Gesammtheit recht charakteristisch eine Mähne nannte — — «Une rangèe de cils plus forts, en eriniere» — ?, verschwinden nach rück- - C ETE würts allmälig und dienen zumeist um einen Strudel zu erzeugen, welcher | 3 das Wasser làngs des linken Randes gegen die Spitze des Rüssels treibt; ausserdem befordert aber das kräftige hens dieser Mähne auch oh die Achsendrehung des Kórpers. Re Im freien Tropfen schwimmt der Litonotus grandis unter fortwäh- x renden Achsendrehungen ziemlich schnell, zumeist sieht man ihn aber nach der Art anderer Hypotrichen herumkriechen; unter dem Deck- gläschen ist auch wohl diese Art seiner Locomotion zu beobachten. be Wie andere Litonotus-Arten, so vermag auch der L. grandis seine - Form insofern zu verändern, dass er sich bald contrahirt, bald in die © Länge dehnt. Wenn man diese Formveränderungen aufmerksam beo- - bachtet, kann man mit einer, jeden Zweifel ausschliessenden Sicherheit. | constatiren, dass der Sitz der Contractilität im kórnerfreien, glasartig hyalinen Theile des Protoplasma zu suchen ist, während sich der körnehen- — führende Theil bei den Contractionen ganz passiv verhält; so zeichnet sich — namentlich der durchaus hyaline Russel durch. ganz besondere Mobilität | uc und Contractilitit aus. Dieses Factum ist meiner Ansicht nach von keinem. untergeordneten Werthe, da es als Fingerzeig dienen kann bei dessen Ent- - scheidung, ob bei den Contractionen solcher Infusorien, welche deutlich -
rostomen, den breiteren körnchenführenden Protoplasmabändern, oder | aber den schmäleren hyalinen Streifen eine active Rolle zukommt? Bekann- - terweise machte schon EHRENBERG der contractilen Elemente der Vorti- - cellen und Stentoren Erwähnung ?; er betrachtet die kórnchenführenden Bünder als Muskeln, deren Thätigkeit er mit der der Cilien in Verbindung RE
bringt, von welcher Auffassung heutzutage natürlich keine Rede mehr sein ns
* Die mit Nummern bezeichneten Citate, sowie auch die Abbildungen sind im - ungarisehen Text nachzusehen. (Diese Zeitschr. II. Bd. 4. Heft 1878.). |
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kann. Von neueren Forschern theilen O. Sonuipr +, KÖLLIKER, LEvpra f, Stein‘ und HAECKEL § dieselbe Meinung, dass bei deu Contractionen die kórnehenführenden Protoplasma-Bänder activ wirken; Stein vergleicht sogar die zwischen den hyalinen Streifen vorspringenden Protoplasma- Bänder der Stentoren mit quergestreiften Muskelfasern ; es ist zwar richtig, -dass besonders bei contrahirten Stentoren an den Protoplasma-Bändern schöne quere Streifen erscheinen, welche auch von KöLtIKER erwähnt und gezeichnet wurden ?, doch lüsst es sich leicht constatiren, dass die queren Streifen einfache Furchen sind, die regellos zerstreuten Körnchen aber, — bei Stentor coeruleus Pigmentkórnchen, bei St. polymorphus Chlorophyll- kügelchen, — durchaus nicht den Bowman’schen Sarcous elements ent- sprechen können. LrgsEnkÜnHN hingegen schreibt die Contractilität ganz entschieden den schmäleren, hellen, hyalinen Streifen zu !, zur selben Auffassung sind R. Gregrr !! und Sınzorn !?? durch sehr eingehende Stu- dien geführt worden und auch Cravs schliesst sich in seinem Handbuch dieser Ansicht an. ? Ohne mich hier in die Diseussion weiter einzulassen, will ich nur soviel bemerken, dass mich meine eigenen Untersuchungen über die Richtigkeit der letzteren Ansicht überzeugten; dass aber der körnchenfreie Theil des Protoplasma die Contraetilität besitzt, zu dieser Auffassung bietet der par excellence contractile Rüssel des Litonotus einen schlagenden Beweis. Dieser Russel besteht ganz aus körnchenfreiem, hya- linen und contractilen Protoplasma, in welchem die oben erwähnten feinen Streifen eine fernere Differenzirung bilden und bei den Contractionen auch das Ihrige beitragen mögen. Ich glaube als ein allgemein giltiges Gesetz es aussprechen zu dürfen, dass bei allen Protisten (und bei beweglichen Zellen überhaupt) der bei unseren Vergrösserungen homogen erscheinende Theil des Protoplasma es 1st, welcher bei den Contractionen activ wirkt und da das homogene Protoplasma jedenfalls auch den Sitz der Irritabilität bildet, konnte man es vom physiologischem Standpunkt mit der Muskel- und Ner- vensubstanz der aus Geweben zusammengesetzten Thieren sensu strictori in die Parallele stellen, welcher Auffassung der Umstand durchaus nicht entgegen spricht, dass bei gewissen Protisten, z. B. manchen Rhizopoden der kórnchenführende Theil des Protoplasma vom homogenen sich nicht abgrenzt: bei diesen ist eben die, die Kornchen verbindende, homogene Ziwischensubstanz das, was die Fähigkeit der Irritabilitit und Contracti- litàt besitzt.
Soeben habe ich genügend hervorgehoben, dass das Protoplasma des Litonotus in zwei Theile differenzirt ist: in eine die Enden und Seiten des Kórpers, sowie die oberflächliche Schichte der Bauchflüche bildende homo- gene, kórnchenlose Substanz, Ectoplasma, und in eine kornchenfuhrende innere Substanz, Endoplasma, dieses letztere ist mit kleineren-grósseren festglänzenden Kórnchen erfüllt und an dem sackartigen Buckel nur durch
, wurde, nämlich am hinteren Kórperende, etwas auf die Rückenseite gedrüngt. 3 ő
enden aber geht es dun einen Nebel s Kórnchen. in das Eck
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plasma uber. Du Der linke Rand des Rüssels trägt längs der Mühne eine Reihe sehr + dicker Stäbchen, Trichosysten, welche sich nur selten vom Russel tiefer hinunter ziehen und entweder in ganz gleichen Entfernungen stehen, oder | aber eine unterbrochene heihe bilden. Der Mund ist, wie bei allen Litonotus-, Loxophyllum- und no leptus-Arten ausser dem Schlingacte nicht zu sehen und bildet jedenfalls — an der linken Seite des Rüssels einen longitudinalen Spalt, dessen Lippen - sich während der Ruhe fest anlegen und den Spalt ganz schliessen. Den it L. grandis konnte ich zwar während des Schlingens nie beobachten, doch — — sah ich diesen interessanten Act bei Litonotus fasciola, Loxophyllum Me- - i leagris und bei mehreren Arten von Amphileptus und es kann wohl keinem — Zweifel unterliegen, dass der L. grandis in dieser Hinsicht von den - eben genannten, naheverwandten Infusorien nicht abweicht. Alle diese — Infusorien pflegen sich mit dem convexen Rande ihres Rüssels an das — gewöhnlich grosse Object ihrer Beute, welche aus Ciliaten, zumeist Vorti- cellinen besteht, zu fixiren, dann contrahiren und drängen sie sich immer - mehr auf die Beute, worauf sich am linken Russelrande ein klaffender Spalt öffnet, welcher je nach der Grösse der Beute sich linger oder kürzer aufschlitzt und etwa auf ähnliche Weise aufzuspringen scheint, wie eine in - ihrer Spaltungsrichtung gedrückte Bohnen- oder Erbsenschale. Nach | erfoletem Oeffnen des Mundes wird der Rauber immer zudringlicher und " zieht sich endlich mit einem jähen Ruck geschickt auf die Beute, um sie in das Endoplasma zu drücken. Diese eigenthümliche und den Beobachter, s wie ein jeder ungleiche Kampf, in eine gewisse Aufregung versetzende — Scene nimmt schnell ein Ende, die Lippen schliessen sich, der Mund scheint _ wieder spurlos zu verschwinden, und als wenn nur die Phantasie ihr Spiel | getrieben hätte, so upschuldig erscheint nun wieder der gefrüssige Räuber, — — lupus in pelle agnina! Nur manchmal bezeichnet noch auf kurze Zeit — : eine kleine Vertiefung jenen Punkt, wo die Beute eingedrungen und eine auf einige Augenblicke sichtbare gebogene Linie, welche aber durchaus . keinem vorgebildeten Schlunde entspricht, den Weg, welchen die Beute — beschrieben. Die verschlungenen Infusorien zerfallen schnell im Endo- - plasma nnd vermischen sich mit dem kórnigen Brei desselben, welcher von. Lacumany, später auch von CLAPARÉDE und neuestens von R. Greerr gewiss — nicht ganz unrichtig Chymus genannt wurde. Sogenannte Verdauungs- — Vacuolen kommen nur selten im Endoplasma des Litonotus vor. Die After- öffnung liegt jedenfalls dort, wo bei den anderen Litonotus-Arten und Lo- . xophyllum Meleagris, bei welchem sie schon von EHRENBERG beobachtet |
In der Mittellinie des Schwanzendes liegt eine gróssere contractile Vacuole, welche regelmässig rhythmisch pulsirt und ihren Inhalt auf der
. . Rückenseite durch eine feine Oeffnung, welche bei der Systole recht gut
ausnehmbar ist. entleert; ausser dieser Haupt-Vacuole konnte ich lings des linken Kórperrandes noch bestündig 4—5 kleinere unterscheiden, welche in sehr unregelmässigen Zeiträumen verschwanden und. wieder erschienen.
Wie bei allen Litonotus-Arten und den meisten Amphilepten, kom- men auch bei L. grandis zwei sphaerische Kerne vor, welche ungefähr in der Mitte des Kórpers an der Bauchseite liegen. wesswegen sie auch im Falle, dass das mit Nahrung vollgestopfte Endoplasma einen sackformigen . Buckel bildet, schwer zu unterscheiden sind. Die Kerne selbst bestehen entweder aus einer feingekôrnten, fast homogen erscheinenden Substanz (VIII, 1.), oder aus einer homogenen, hyalinen Grundsubstanz, welche in gleichweiten Abstanden das Licht starker brechende homogene Kugelchen enthalt (VIII. 2.); durch Essigsäure-Behandlung lässt sich eine Kernmem- . bran gewóhnlich leicht abheben. Ob die zwei Kerne mit einem Faden ver- bunden sind, liess sich nicht eruiren; bei anderen Arten von Litonotus und bei den Amphilepten sind ähnliche Zwillingskerne stets verbunden und ich glaube, dass der Verbindungsfaden auch bei L. grandis vorhanden sein dürfte.
Der L. grandis stimmt mit keiner der Süsswasser-Arten von Lito- notus, deren nähere Kenntniss wir dem wiederholt erwähnten, ausgezeich- neten polnischen Forscher verdanken, überein; doch scheint er sehr nahe zu stehen zu Loxophyllum rostratum, welches marine Infusionsthier Cox in ei em von Helgoland stammenden Wasser beobachtete, !4 dessen Kör- perform, zwei Kerne, eine Haupt- und mehrere Nebenvacuolen an unser Infusionsthier erinnern; wenn ich aber in Betracht ziehe, dass das von Coun beschriebene Infusionsthier am rechten Korperrande, — wie Loxo- phyllum Meleagris, — spitzige Wärzchen trägt, welche bei L. grandis nicht vorkommen, ferner, dass das marine Infusionsthier die Stabchen an dem rechten, concaven Rand des Russels, sowie auch die Nebenvacuolen an demselben Korperrande trägt, während bei L. grandis alle diese Gebilde sich auf der entgegengesetzten Seite befinden, gleich wie bei den von Wrzesniowskt beschriebenen und auch bei Klausenburg vorkommenden Litonotus varsaviensis und L. diaphanus, dies Alles in Betracht genom- men ist es unmöglich die beiden Infusorien für identisch zu halten.
LITONOTUS FASCICOLA, EHRENBERG. (VIII. Taf. Fig. 3—6.)
Ich erwähnte bereits, dass in der Gesellschaft des L. grandis stets . sehr zahlreich der viel kleinere, etwa die Länge von 0-1 ™, erreichende
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L. fasciola vorkommt, welches längst bekannte und namentlich von WnzEsmNowskr sehr eingehend studirte Infusionsthier hier umsoweniger detailirt beschrieben werden soll, da es sich vom eben besprochenen L. grandis sozusagen nur durch quantitative Charaktere unterscheidet, welche die beigefügten Abbildungen zur Genüge illustriren ; statt dessen
will ich hier meine Beobachtungen über die Conjugation dieses Infusions-
thieres mittheilen.
Ich kenne kaum ein Infusionsthier, welehes zum Studium des Con-
jugationsprocesses geeigneter ware, als L. fasciola, und zwar nicht allein darum, weil er stets massenhaft vorkommt und in Folge dessen die conju-
girten Paare, wenn die Conjugation, — welche bei den Infusorien bekann-
terweise immer epidemienartig auftritt, — einmal begonnen hat, in genu- gender Menge gefunden werden, sondern hauptsächlich noch darum, weil sein flacher Kórper ganz durchsichtig ist und weil sich bei Litonotus soge- nannte acinetenartige Embryonen nicht bilden; mithin diese ráthselhaften Gebilde, man möge sie nun mit Fockn, Conn, STEIN, CLAPAREDE und Lacn- MANN für wirkliche Ciliaten-Embryonen, oder aber für parasitische Sphae- rophryen halten, — welch letztere von BarBrant begründete Ansicht durch die Beobachtungen von MxaczNrkow und neuestens von ENGELMANN und Bürscauı mit so triftigen Argumenten unterstützt wurde, — weil, wie gesagt, acinetenartige Embryonen sich bei L. fasciola nicht bilden, und mithin in die Erkenntniss des physiologischen Werthes der Conjugation nicht stórend eingreifen.
Vor der Besprechung des Conjugations-Processes ist jedenfalls noth- wendig unser Augenmerk auf die Kerngebilde des noch keine Conjugation eingegangenen Litonotus zu richten.
Dass dem L. fasciola zwei kugelige Kerne zukommen, herrscht keine | Meinungsverschiedenheit. Zwischen den Zwillingskernen konnte ich öfters .
einen Verbindungsfaden ganz deutlich unterscheiden und glaube, dass dieser Faden wohl nie fehlen dürfte. Die Substanz der Kerne 1st sehr hell und lässt ohne Anwendung von heagenzien nur ganz undeutliche Kórn- chen erscheinen, welche nach Anwendung von Essigsäure schärfer hervor- treten; zu anderen Malen aber konnte ich, wie bei L. grandis, in der homogenen Grundsubstanz ganz regelmässig angeordnete, stärker lichtbre- chende Kügelchen erkennen. Eine Kernmembran ist bald stärker bald schwächer entwickelt, manchmal aber schien sie mir gänzlich zu fehlen. CrnAPARÉDE und LacHManN sowie auch WmzEesNiowski machen von den Nucleolen gar keine Erwáhnung, und auch ich finde, dass den durch Thei- lung sich vermehrenden Generationen die Nueleolen abgehen; Stein hin- gegen behauptet, dass die beiden sehr nahe stehenden Kerne durch einen einzigen Nucleolus verbunden sind.!$ Ich sah einen einzigen, die Zwil- lingskerne verbindenden Nucleolus nur übergangsweise bei conjugirten
Exemplaren, worauf ich weiter unten noch zurückkehren werde. Ferner
machte ich die Beobachtung, dass mehrere nucleolenlose Generationen den mit Nucleolen versehenen vorausgehen; jene vermehren sich durch Theilung, während die letzteren sich auch noch wohl hin und wieder theilen, eigentlieh aber jene Generation vertreten, welche Conjugationen eingeht. Nach meinen Beobachtungen ist die Zahl der Nucleolen vor der Conjugation stets zwei, jeder Nucleus besitzt je einen kugelfórmigen, grau- lichen und etwas fettglänzenden Nucleolus, welcher im Inneren des Kernes zu sitzen scheint (VIII. 6.), doch sah ich einige Male bei Profilansicht als ob die Nucleolen von den Kernen nicht umschlossen würen, sondern an ihrer Seite in einer Vertiefung lägen, was ich aber mit ganzer Sicherheit doch nicht entscheiden konnte.
Die Paare conjugiren sich stets mit dem entgegengesetzten Kórper- rand und sind während der Conjugation zur Hälfte des Vorderkórpers übereinander geschoben (VIII, 3—5.), so etwa, wie wenn man die flachen Hände in der Breite von 1—2 Finger übereinander legte. Die Schwanz- enden bleiben frei und gequetschte Paare scheinen zu zeigen, dass die anliegenden Ränder nicht in ihrer ganzen Lange verschmelzen (VIII. 5.).
STEIN berichtet über die Veründerungen der Amphilepten, von wel- chen er die Litonoten nicht trennt, folgendes: «Sie erleiden wührend der Conjugation keine andere Veränderung, als dass sich der Nucleolus zu einer Samenkapsel entwickelt, wie BazBranr für Amphileptus Anas (?) nachwies, und ich bei anderen Arten beobachtete; was aber aus den Fortpflanzungs- Organen nach aufgehobener Conjugation wird, das hat noch Niemand erforscht. 17
Ferner beschreibt Bürsceurr die Conjugation der mit L. fasciola nahe- verwandten Amphileptus Anas mit folgenden Worten: «Bei Amphileptus Anas, welches Infusor auch Barsranı zum Gegenstande seiner Untersu- chungen gemacht hat, sehe ich nach erfolgter Conjugation die beiden ovalen Nuclei jedes Thieres sich so innig zusammenschmiegen, dass nun jedes der conjugirten Exemplare anscheinend nur einen ziemlich ansehn- lichen ovalen Nucleus enthält. Diesem liegst eine spindelförmige Samen- kapsel an. Nach 16 Stunden wieder untersucht, enthielten die Thiere je drei fast gleich grosse, helle Kugeln, die durch die Bewegungen des Leibes- inhalts vielfach verschoben wurden. Nach Verlauf weiterer vier Stunden hatte sich hiezu noch eine kleinere, helle Kugel gesellt. Vier Stunden später waren die Kugeln des einen Thieres recht undeutlich geworden, im andern liessen sie sich noch wahrnehmen. Nach zwei Stunden trat in einem der Thiere ein ziemlich grosser heller Korper deutlich hervor, daneben waren noch zwei kleine helle Kugeln sichtbar. Jetzt trennten sich die
Thiere, leider vielleicht durch einen zufällig auf sie ausgeubten Druck
hiezu veranlasst. Das eine der Thiere zeigte noch nach zwolf Stunden
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die grosse helle Kugel und daneben die zwei kleineren, von welchen jede ein dunkles Kórperchen zu enthalten schien.» !§
Meine Beobachtungen über die Conjugation des L. fasciola stimmen mit denen von BürschLı am naheverwandten Amphileptus Anas ange- stellten in Vielem überein, in einigen Einzelnheiten gelang es mir mehr zu sehen als Bü Tsenrr, in anderen hingegen können Bürscarrs Beobach- tungen die meinigen ergänzen.
An solchen Paaren, welche noch zwei Nuclei und Nucleoli besitzen und offenbar nur vor kurzer, Zeit die Conjugation eingegangen sind, scheint mir die erste durch die Conjugation hervorgebrachte Veründerung darin zu bestehen, dass beide Kerne aufquellen und in Folge dessen näher an einander zu rücken scheinen, aber durchaus nicht verschmelzen, während die Nucleoli, deren Substanz heller wurde und ihre grauliche Färbung, sowie den Fettglanz verlor, sich zu einem ovalen oder citronenförmigen Körper vereinigen. Dies ist jene unpaare «Saamenkapsel», welche von BALBIANI, STEIN und BürschLı erwähnt wird und welche ganz bestimmt durch die Verschmelzung der beiden Nucleoli entstand; ich muss jedoch bemerken, dass ich nicht im Stande war an diesen verschmolzenen und auch in ihrer Substanz veränderten Nucleolen jene charakteristische lon- gitudinale Streifung, welche an den Nucleolen conjugirter Paramaecien und Oxytrichinen so deutlich zu sehen ist, zu erkennen. Die nächste Ver- änderung besteht in dem, dass jeder der stark gequollenen Kerne durch simultane Theilung in 3—4 Kugeln zerfällt (VIII. 5. die Kugeln sind leider zu dunkel schattirt !) ; die Umrisse dieser Kugeln werden allmälig undeutlich und endlich verschmelzen sie ganzlich mit dem Endoplasma. Wahrend dem werden auch die Contouren des durch die Vereinigung der beiden Nucleoli gebildeten Kórpers undeutlich, und nachdem er sich nun durch Lichtbre- chung vom Protoplasma nicht unterscheidet, wird er kaum ausnehmbar ;
dass er aber dennoch nicht ganz verschwindet, von dem kann man sich
durch Anwendung von Essigsäure auf das bestimmteste überzeugen. Nach- dem die durch das Zerfallen des Kernes entstandenen Kugeln bereits mit dem Protoplasma des Infusionskorpers verschmolzen sind, treten dort, wo der durch die Vereinigune der beiden Nucleoli entstandene Körper lag, zwei helle Kugeln auf, welche nichts anderes sind, als die neuen Kerne, welche noch keine Nucleolen enthalten (VIII. 4). Während die beschrie- benen Veränderungen auftreten, verschwinden allmälig die fettelànzenden Kornchen des Endoplasma, was wohl dem sehr lebhaften Stoffumsatz zuzu- schreiben ist; statt ihnen treten das Licht sehr stark brechende, bei durch-
fallendem Licht schwarz erscheinende Kornchen auf, durch welche die
beiden neuen Kerne gewissermassen hervorleuchten (VIII. 4.), ausserdem wurde der ubrige Theil des Korpers auffallend hell und farblos und nicht selten verschwanden auch die Stabchen des linken Korperendes. Die con-
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jugirten Paare trennen sich gewohnlich erfüllt mit diesen dunkeln Korn- chen, deren Vorkommen die stattgefundene Conjugation verrüth; seltener ist der Fall, dass die Paare auch weiterhin vereinigt bleiben und sich nur dann wieder trennen, wenn die dunkeln Körnchen bereits wieder ver- schwunden sind (VIII. 5.).
Die eben angeführten dunkeln Kórnchen werden von mehreren For- schern erwähnt und Bürscktr bringt ihr Auftreten mit dem während der Conjugation stattfindenden regen Stoffumsatz in Verbindung !?; ich halte diese Auffassung für ganz berechtigt und will nur noch hinzufügen, dass, nachdem diese Körnchen mit den in den Malpighi’schen Gefässen der Insecten enthaltenen Harnconcrementen, namentlich mit den bei niederen Thieren so verbreiteten harnsauren Natron übereinzustimmen scheinen, es mit grosser Wahrscheinlichkeit behauptet werden kann, dass sie den . Harneoncrementen entsprechende Zersetzungsproducte sind, welche theils durch den After, theils aber möglicherweise wieder gelöst durch die pul- sirenden Vacuolen entleert werden. Diese Zersetzungskörnchen bilden sich aber auch ausserhalb der Conjugation, gelangen in die Protoplasmastró- mung und werden an den Enden des Kôrpers, wo sich die Strómung ablenkt und sich staut, abgesetzt und bilden dann jene dunkeln Flecke, welche z. B. bei Paramaecium Aurelia und vielen Oxytrichinen am vorderen und hinteren Kórperende, bei Metopus sigmoides nur am vorderen, bei den Vorticellinien aber am Stielende vorkommen; hieher sind offenbar auch jene dunkeln Kornchen zu rechnen, welche bei vielen Monothalamisen, z. B. bei den Euglyphen und Cyphoderien vor dem Kerne eine dunkle Zone bilden.
Es würe wohl anmassend, wollte ich es einzig auf die Conjugation des L. fasciola gestützt, unternehmen, ein allgemeines Bild über die physio- logische Bedeutung des Conjugationsprocesses zu entwerfen; da ich mich aber einestheils auf eigene Beobachtungen über die Conjugation vieler anderen, hier nicht zu besprechenden Infusorien stützen kann, und andern- theils meine Beobachtungen mit den wichtigen Ergebnissen von ENGEL- MANN ? und Bürschui ?! in Verbindung bringen kann, wil ich es doch versuchen, im Vornhinein bemerkend, dass in den Hauptzugen meine Ansicht mit der der angeführten Forscher übereinstimmt.
Die Conjugation tritt dann ein, wenn sich die Infusorien mehrere Generationen hindurch auf dem Wege der Selbsttheilung fortgepflanzt, sich für diese Vermehrungsart erschópft haben.
Bei den conjugirten Infusorien zerfällt der alte Kern (oder Kerne, wenn mehrere vorhanden waren), entweder noch während der Conjugation, oder nachdem die Paare sich wieder gelôst haben, in mehrere Stucke, welche allmälig mit dem Protoplasma des Infusionsthieres verschmelzen und dienen als Materialvorrath bei der Verjungung. Während dessen
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werden oft einzelne Bruchstücke des Kernes durch den After, oder durch irgend einen Punkt der Oberfläche ausgestossen; diese ausgestossenen Kernbruchstucke sind jene Gebilde, welche von Barsrawr und in neuerer Zeit von ScHarrnausen ?? für Eier gehalten wurden. Die während oder nach beendigter Conjugation sich oft bildenden Embryonalkuseln (STErw) und die aus diesen sprossenden acinetenartigen Embryonen gehóren schwerlich in den regelmassigen Verlauf des Conjugations-Processes. Der Nucleolus (oder Nucleoli) erwacht noch während oder nach beendigter Conjugation gewissermassen zu einem neuen Leben, er fünot an zu wachsen, oft dehnt er sich bandartig in die Lange, fängt wohl auch an Sprossen zu treiben, zuletzt zerfallt er gewohnlich und seine Stücke ver- schmelzen, gleich den Bruchstücken des Kernes mit dem Protoplasma; aus einem Stücke des Nucleolus aber, oder aus zwei oder mehreren: wieder ver-
schmolzenen Stücken, oder endlich aus dem ganzen Nucleolus bildet sich.
der neue Kern; demzufolge kónnte man den Nucleolus mit vielem Recht einen heservkern nennen, dessen Aufgabe es ist den untergangenen alten Kern zu ersetzen. Jene stabchenformigen Korperchen, welche im Jahre 1856 von JOHANNES MÜLLER entdeckt bis auf die neueste Zeit fur Spermatozoiden gehalten wurden, und welche im vergrôsserten Nucleolus oder dessen Bruchstucken oft nur als stirker oder undeutlicher ausgepragte Streifen erscheinen, sind entschieden keine Samenkórperchen, da dieselben streifen- oder stabchenformigen Differenzirungen, nach den Beobachtungen von O. Herwie ??, Bürschuı 24 und Anderer, im Kerne der sich theilenden Eizellen und verschiedenen Gewebszellen ebenso auftreten, wie im Nu- cleolus der Infusorien, ja sie kommen oft auch bei einfacher Theilung der Infusorien im Kerne zur Beobachtung. Die BarBranr'sche Ansicht, welche etwas modificirt auch von STEIN, KÖLLIKER, ÖLAPAREDE und LACHMANN und Anderen angenommen wurde, nach welcher der Kern dem Kierstock, der Nucleolus aber einem Hoden entsprüche, ist gänzlich unbaltbar. Dessen- ungeachtet kann man aber doch nicht làugnen, dass während der Conju gation eine Art von Befruchtung stattfindet, welche hóchst wahrscheinlich darin besteht, dass die conjugirten Paare Protoplasmatheilehen aus- tauschen, auf deren Einwirken der alte Kern zerfallt, um bei der Reorga- nisation als lebensfahiger Baustoff noch jedenfalls eine wichtige Rolle zu spielen, der Nucleolus aber orgauisirt sich zum Kerne des sich verjüngenden Infusionsthieres. Im Leibe der conjugirten Infusorien geht, entweder wührend oder nach der Conjugation, ausserdem, dass sich aus dem Reserv- kern, dem Nucleolus, oder dessen Bruchstück ein neuer Kern bildet, eine Verjüngung, eine gänzliche Erneuerung vor sich, — das Infusionsthier reorganisirt sich gewissermassen innerhalb seines alten Rahmens. Diese Reorganisation ist wohl am auffülligsten bei den Oxytrichinen, bei welchen, wie dies schon die alteren Untersuchungen von STEIN und ENGELMANN
bezeugen, selbst die Cilien, beziehungsweise Borsten und Stiele erneuert
werden, aber auch bei anderen Infusorien ist sie zu constatiren, trotzdem sie nicht so augenfüllig ist, wie bei den eben erwühnten. Auf dies weist namentlieh; der Umstand, welchen ich bei der Besprechung des Conjuga- tions-Processes des L. fasciola schon oben erwähnte, dass — wenn ich mich des Ausdruckes bedienen darf — das unreine, abgetragen erscheinende Protoplasma des Infusionsthieres sich klärt; dies bezeugt ferner die Auf- häufung von Zersetzungsproducten; dies endlich der, meines Wissens nirgends verzeichnete Umstand, dass die conjugirten Paare bei solchen Infusorien, welche eine linger dauernde Conjugation eingehen, am Ende der Conjugation gleichgross werden, sich egalisiren, während sie doch zu Beginn der Conjugation zumeist ziemlich beträchtlich abwichen, was zugleich die Vermuthung weckt, dass zwischen den conjugirten Paaren ein reger Stoffaustausch stattfindet. Das durch die Conjugation hervorge- brachte und verursachte sozusagen Neu- oder Wiedergebähren der Infu- sorien konnte man noch am ehesten mit jener Reorganisation vergleichen, welche nach den wichtigen Wrismann’schen Untersuchungen, deren Rich- tigkeit auch von AvERBAcH verbürgt wird, bei den Musciden, und höchst wahrscheinlich auch bei anderen Insekten wührend des Puppenschlafes auftritt, während welchem sich im Verlaufe der Histolyse aus den Truin- mern der Gewebe des Larvenkorpers, gleich einem Phoenix, der neue Insektenleib aufbaut, welcher freilich von dem der Larve bedeutend abweicht; oder vielleicht noch treffender mit jener Reorganisation, dessen Schauplatz, nach den Beobachtungen von AurrracH, 0. HERTwIG, BÜTSCHLI und Anderer, das befruchtete Ei darstellt.
Die Conjugation endet bei manchen Infusorien nur ausnahmsweise, bei anderen aber beständig, mit der gänzlichen Versehmelzung der Paare. Den ersteren Fall, d. h. die ausnahmsweise stattfindende Verschmelzung finden wir z. B. bei den Oxytrichinen, den zweiten bei den Vorticellinen, bei deren sogenannten knospenfórmiger Conjugation das eine Individuum beständig kleiner ist und dieser schmilzt dann in das grössere ganz ein, höchstens seine Cuticula hinterlassend ; diese letztere Art der Verschmel- zung lässt sich ganz richtig als eine Befruchtung durch ein Pygmaeen-
. männchen auffassen, bei welcher das kleinere Individuum, welches sich
auf das gróssere gewissermassen aufpfropft, als Mannchen, das grossere aber als Weibchen fungirt.
Was die Neubildung des Nucleolus anbelangt, welcher oft bei meh- reren durch Theilung sich vermehrenden Generationen fehlt, so glaube ich nach meinen diesbezüglichen Beobachtungen behaupten zu können, dass sich dieses Gebilde auf dem Wege der Sprossung, äusseren oder inneren Abschnürung aus dem Kerne differenzirt. Bei jenen Infusorien, welche keinen Nucleolus besitzen, so namentlich bei den Vorticellinen, — bei
welchen übrigens von Bansiawi und BürscHhLi den Beobachtungen STEIN s und ExeErwANN's gegenüber Nucleolusgebilde angeführt werden, — sowie auch bei den Stentoren, bei deren conjugirten Individuen, sowie bei den Vorticellinien ich stets vergebens nach Nucleolen suchte, entsteht der neue Kern aus einem oder mehreren Bruchstucken des alten, die andern Kern- stücke aber verschmelzen mit dem Protoplasma.
Die aus der Conjugation hervorgegangenen Infusorien erlangen wieder auf mehrere Generationen die Fähigkeit sich durch Theilung zu vermehren; mit anderen Worten ausgedrückt, werden bei den Infusorien die ungeschlechtlichen Generationen durch eine sich conjugirende Gene- ration abgeschlossen, welche sich während der Conjugation durch eine ganz eigene Art der Befruchtung verjüngt und den Ausgangspunkt von mehreren sich geschlechtslos vermehrenden Generationen bildet.
PLACUS STRIATUS, Coun (?)
(VELL Se Date RI ee)
Unter obigem Namen beschrieb FERDINAND Coun ein Infusionsthier
aus einem Seeaquarium, welches bei Helgoland geschopftes Wasser ent- hielt 25, mit welchem ein im Salzwasser ziemlich häufig beobachtetes Infu- sionsthier so vielfach übereinstimmt, dass ich geneigt bin beide Formen fur identisch zu halten.
Der Umriss des etwa 0:04—0:05 J, erreichenden Infusionsthieres (Coun schätzt die Grösse auf 0-08 #,) ist eiförmig oder ellyptisch, dies bezieht sich aber blos auf die Fläche, da der Körper zusammengedrückt ist und in Profilansicht stab- oder biscuitfórmig erscheint. An seiner Ober- fläche kreuzen sich schief verlaufende Linien, welche nette rhombische Feldchen umschreiben ; starke Vergrösserungen lösen diese Linien in reih- weise angeordnete Kügelchen auf, welche Perlenschnüren gleichen, die Feldchen aber sind glatt und ohne Skulptur. Die ganze Rindenschichte ist ziemlich resistent und steif, ohne dass sich eine von dem Ectoplasma deutlich abgegrenzte Cuticula unterscheiden lässt, und ist mit gleichlangen feinen Cilien dicht besetzt.
Die meisten Exemplare enthielten mehrere etwas bläuliche Kugeln, mit welchen einige ganz vollgestopft waren; diese Kugeln schienen theils einfach in das Endoplasma gebettet, theils aber waren sie mit einem hellen Saltraume umgeben, wie die Ingesta vieler Infusorien während der Ver- dauung und ich halte sie für verschluckte Exemplare von Cyelidium Glau- coma, welches Infusionsthier in der Gesellschaft vom P. striatus zahlreich herumhüpfte. Am vorderen Kórperpole konnte ich constant einen kleinen warzenförmigen Vorsprung bemerken, welcher lebhaït an die aufgeworfenen Lippen der Enchelyden und Ench?lyodonten erinnert; ob aber die Mund-
gto MES
öffnung sich in der Mitte dieses Vorsprunges, oder aber, wie es Conn angibt, etwas auf die Seite gedrückt befindet, konnte ich, da ich den Schlingact nicht beobachtete, nicht entscheiden. |
Die Organisation unseres Infusionsthieres wird durch einen in der Mitte des Kórpers gelegenen rundlichen Kern und eine am hinteren Kór- perpole sich óffnende contractile Vacuole ergänzt.
Conx bemerkt, dass die Bewegungen seines Infusionsthieres üusserst schnell und stürmisch sind, wührend welchen es sich in geraden oder bogenfórmigen Bahnen bewegend, fortwährend um die Längsachse dreht, so dass bald die Fläche, bald wieder der schmale hand des Körpers sichtbar wird; dies passt auch auf den Placus des Salzteiches und ich will nur nocb so viel bemerken, dass sein ganzes Betragen, namentlich seine ungestümen Bewegungen die Schwärmer der Acineten in Erinnerung bringen, und wenn nicht fast alle Exemplare verschluckte Körper enthalten hätten, hätte ich gewiss keinen Anstand genommen sie für Schwärmer von Acineta tuberosa zu halten, von welchen sie sich nur noch durch ihre bedeutendere Grósse und durch ihre perlenschnurähnlichen Streifen unterscheiden. Trotz- dem kann ich aber doch nicht die Moglichkeit ganz ausschliessen, dass dieses Infusionsthier in den Formenkreis der genannten Acinete gehort, worauf ich weiter unten, bei der Besprechung der Acincta tuberosa, noch zurückkommen werde.
LACRYMARIA LAGENULA, Crap. & LacHm.
(IX. Taf. Fig. 1—4.)
Zwischen Floriden des Fjordes von Bergen und Gleswaer bei Sartoroë fanden CLAPARÉDE und Lacumann eine Lacrymarienart ?°, von welcher sich ein Infusionsthier des Szamosfalvaer Salzteiches hôchstens durch seine Grösse unterscheidet, diese wird nämlich 0:1—0:2 ™, lang, während die Länge der norwegischen Lacrymaria von ihren Entdeckern auf 0:07 7, angegeben wird; auf diese Verschiedenheit an Grósse kann jedoch kaum ein Gewicht gelegt werden, da auch andere Lacrymarien, z. D. L. Olor, an Grösse bedeutend variiren und sich im Allgemein behaupten lässt, dass die Grösse bei den Infusorien kaum in Betracht genommen werden kann, da diese je nach den Ernährungsverhältnissen zwischen sehr weiten Grenzen schwankt.
Im Ganzen genommen besitzt der cylindrische Korper der L. Lage- nula die Form, welche von CLAPARÉDE und Lachmann mit den Worten recht charakteristisch ausgedrückt wird: «En forme de flacon à liqueur.» Der vordere Kórperpol trägt ein der glans penis nicht unähnliches Kôpfchen,
übrigens ist der Körper, besonders aber der nach dem Köpfchen folgende
Theil, sehr dehnbar und bei starker Dehnung entsteht unter dem Kopfchen
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ein Hals (IX. 1.), welcher sich aber durchaus nicht so excessiv verlängern | kann, wie bei L. Olor. Das Köpfehen ausgenommen trägt die gesammte Oberfläche längs den sogleich zu besprechenden Streifen gleichlange, feine Cilien, der untere Rand des Kópfehens aber wird durch einen Kragen län- gerer Cilien bekrünzt, deren einzelne Wimperhaare, den Strahlen einer Federfahne gleich, zusammenhalten (IX. 4.), und bei der Wimperbewegung wogt der Kragen wie ein Ganzes; dieser Kragen, welcher, wenn auch nicht so krüftig entwickelt, auch bei anderen Enchelynen, namentlich auch bei L. Olor vorkommt, erinnert im Ganzen sehr lebhaft an jenen Cilienkranz, welcher bei den frei schwärmenden Vorticellinen und bei den Embryonen der Acinetinen das hintere Kórperende umgurtet. Im Ectoplasma sind lon- gitudinale Streifen differenzirt, welche dasselbe mehr-minder einschnüren (IX. 2.) und je nachdem das Infusionsthier in der Richtung seiner Längs- achse stärker oder schwächer gedreht ist, spiralig (IX. 1. 2.), oder gerade, meridianenartig verlaufen (IX. 9.) ; entgegengesetzt verlaufende Streifen, welche die L. Olor charakterisiren, sind bei unserer Art nicht vorhanden. Das Endoplasma enthält, wie bei anderen Enchelynen, gewöhnlich grosse, fettglänzende Klumpen.
Die Mundöffnung befindet sich an der Spitze des Kopfchens und führt in einen stets ausgebildeten Schlund, CLAPARÉDE und LACHMANN machen vom Schlunde der L. Lagenula keine Erwähnung, doch beschreiben sie den der L. Olor, von welcher sich die L. Lagenula in dieser Hinsicht nach meinen Beobachtungen nicht unterscheidet, mit folgenden Worten : «Ceste dernière conduit dans un oesophage membraneux en forme d'en- tonnoir pointu, qui présente des series longitudinales reconnaissables à un fort grossissement seulement. Nous n'avons pu décider d'une maniére cer- taine si ces stries sont dues à l'existence de véritables baguettes semblables à celles des Chilodons, ou bien s'il ne faut y voir que l'expression de plis longitudinaux de la membrane.» ?7
Der Schlund der L. Lagenula stimmt, wie eben erwähnt, mit dem der L. Olor und vieler anderen Infusorien der Familie der Enchelynen sänzlich überein. Der Schlund scheint zwar individuell zu variiren, diese Verschiedenheiten sind jedoch auf verschiedene Entwicklungserade zurück- zuführen. Im einfachsten Falle stellt der Schlund einen faltenlosen häu- tigen Trichter dar, welcher auch bei den Lacrymarien, aber besonders bei den einzelnen Arten von Enchelys so ausserordentlich fein ist, dass man sich von seinem Vorhandensein nur im Augenblicke des Schlingens uber- zeugen kann, wo dann die Beständigkeit der von der verschluckten Nah- rung zurückgelegten Bahn darauf hinweist, dass diese Bahn von einem feinen Häutchen begrenzt sein muss. Ein solch einfacher Schlund kommt beständig dem Coleps zu. Bei anderen Exemplaren ist der häutige Trichter des Sehlundes deutlicher ausgebildet und erscheint in der Ruhe longitu-
'L DURS
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dinal gefaltet, welche Falten am Munde breiter, rückwürts hingegen schmäler und verschwommen erscheinen, sich aber nie zu beständigen Stübehen erhürten, wie etwa bei den Chilodonten und Nassulinen, wovon man sich im Verlaufe des Schlingens durch das gänzliche Verschwinden der als Stäbchen erscheinenden Falten auf das Bestimmteste überzeugen kann. Zwischen dem glatten und gefalteten Schlundtrichter der Lacryma- rien sind alle Uebergänge zu constatiren. Ein in der Ruhe beständig gefal- teter Schlund charakterisirt das Genus Enchelyodon, wie dies schon von WRZESNIOWSKI hervorgehoben wurde. ?? Bei der zweiten Form des Schlun- des gehen vom Munde nach hinten bald làngere bald kürzere keulenfórmig verdickte Stäbehen aus (rx. 2—4.), welche hinten frei zu schweben scheinen, doch werden sie jedenfalls an ein zartes Häutchen fixirt sein, welches sie, nachdem sie hinten auseinander weichen, so ausspannen, dass der Schlund im Ganzen einen umgekehrten Trichter vorstellt. Diese keulenformigen Stübchen bestehen aus einer homogenen Substanz von stiirkerer Lichtbrechung und haben, wie das nicht ganz reine Glas, einen Stich in das Grünliche, welche optischen Eigenschaften das contractile Band des Stieles der Vorticellen in Erinnerung bringen. Während des Schlingens scheinen sich diese Gebilde in der Richtung ihrer Längsachse zu contrahiren und ihre Aufgabe besteht offenbar in dem, dass sie den ausgespannten Schlund auf die Beute ziehen. Bei den Laerymarien traf ich beständig acht solehe contractile, oder vielleicht richtiger elastische Keulen an, bei Enchelys nebulosa und Farcimen bald vier, bald acht, bei Enchelys gigas hingegen wenigstens sechzehn; bei der letztgenannten Art erwähnt auch Steın diese Stäbchen und rechnet sie zu den Tastkör- perchen. ?? Ich vermuthe, dass diese zweierlei Schlunde in folgendem Zu- sammenhange stehen: bei jungen Individuen bildet der Schlund einen elastischen, häutigen Trichter, welcher von seiner Elasticitat allmahg ver- liert und dann longitudinale Falten wirft, endlich konnen contractile keu- lenfórmige Stübchen von der Mundóffnung hinein zu sprossen und sich mit der Sehlundmembran verbindend deren Schlaffheit durch ihre Elasticitat das Gleichgewicht halten, anderentheils aber vermöge ihrer Contraetilität das Schlingen in der erwähnten Weise befördern. Demnach unterscheiden sich die zweierlei Schlunde nur durch den Grad ihrer Entwicklung, und den höher differenzirten Schlund erlangt bald dasselbe Individuum, bald nur dessen Nachkommen und demgemäss kommen die Infusorien mit verschiedenem Schlunde bald gleichzeitig vor, oder aber es kommt zu einer gewissen Zeit nur die eine Schlundform zur Beobachtung, ja es ist sogar möglich, dass der Schlund Generationen hindurch seine einfache, primitive Struetur behält, wofür die sogleich zu besprechende Enchelys nebulosa als Beispiel dienen mag.
Die L. Lagenula ist gleich anderen Enchelynen ein sehr gefrüssiges
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Infusionsthier, welehes mit seinem sehr dehnbaren Schlund selbst grosse Infusorion zu verschlingen vermag. Die Afteroffnung befindet sich am hin- teren Pole des Kórpers, wo sich auch die einzige contractile Vacuole öffnet.
Der Kern liegt etwa in der Mitte des Körpers, er ist kleinkörnig, oder fast homogen, von eiförmiger Gestalt; einen Nucleolus konnte ich nicht unterscheiden.
ENCHELYS NEBULOSA (0. Fr. MÜLLER) EHRENBERG.
Das schen von O. Fr. Mürrer aufgestellte recht chaotische Genus Enchelys, welches von EHRENBERG enger umschrieben wurde, lässt sich, wenn man von den vier EHRENBERG’schen Arten nur die zwei erkennbaren, nämlich Enchelys Farcimen und E. nebulosa, ferner die Srerx’sche E. gigas, sowie E. arcuata von CLAPAREDE und LACHMANN, endlich eine von mir gefundene, noch nicht beschriebene Süsswasser-Art in Betracht zieht, folgenderweise charakterisiren : Holotriche Infusorien mit weichem Körper, cylindrischer, oder nur am Mundende verflachter Gestalt, vorne stets abgestutzt, die feinen Cilien, welche nur am abgestutzten Mundende etwas langer sind, langs meridianenartig verlaufenden Kórperstreifen angeordnet ; der Mund liegt am abgestutzten Pole in der Mitte einer vorgestülpten, mehr- minder aufgeworfenen, ringformigen Lippe und führt entweder in einen kaum sichtbaren, glatten zarthäutigen, oder aber mit vier, acht bis sechzehn oder noch mehr keulenförmigen Stäbchen versehenen Schlund; der Kern ist rundlich einfach oder doppelt, oder es können auch mehrere Kerne sein, welche rosenkranzförmig verbunden sind; die einzige contrac- tile Vacuole öffnet sich am hinteren Körperpole in den After, ausser dieser Vacuole können aber noch mehrere zerstreute (Neben-) Vacuolen vor- handen sein.
Das auf diese Weise charakterisirte Genus spaltet sich in folgende Arten:
mit einer ( sackfórmig ... .. .. .. .. .. H. Farcimen, BÉREN Bs 8 ,
I. Mit einem | UE. K Vacuole | eifórmig … … … … … … E. nebulosa, EHRENB. ern ERIS mit mehreren Vacuolen, eifórmig .. … E. arcuata, CLAP. & LACHM. II. Mit zwei Kernen, einer Vacuole, sackfórmig .. ... E. binucleata, n. sp.
III. Mit mehreren rosenkranzförmig verbundenen Ker- nen, mit einer sich in der After 6ffnenden Vaeuole und mehreren zerstreuten kleineren Vacuolen, sackförmig 5... v cL us uH DIO RE S TERNOS
* Ich glaube nicht zu irren, wenn ich behaupte, dass die Enchelys gigas eine ist von den längst gekannten Infusorien, sie wurde aber von den verschiedenen Forschern unter verschiedenen Benennungen und unvollständig beschrieben, JoBLor
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Ich hielt es nicht für überflüssig eine Klärung des Genus Enchelys zu versuchen, da es sowohl nach EHRENBERG als auch nach CLAPARÉDE und LacHMANN schwer hält die Arten zu unterscheiden; die Dusarprn’schen Arten habe ich, da sie wegen der mangelhaften Beschreibung kaum zu erkennen sind, gänzlich ausser Acht gelassen.
Ueber die Organisation der Enchelys nebulosa des Salzteiches will ich nur soviel bemerken, dass der Schlund simmtlicher beobachteten Exemplare keine Stäbchen führte, während ich bei derselben Art des Suss- wassers gewohnlich entweder vier sehr lange und schlanke, fast die halbe Korperlange erreichende, oder acht kürzere Stabchen beobachtete.
Schon EHRENBERG erwähnt die ausserordentliche Gefrissigkeit der Enchelys-Arten, welche selbst verhältnissmässig grosse Infusorien ver- schlingen. Die Beute der Szamosfalvaer E. nebulosa wurde ausschliesslich von jener massenhaft vorkommenden Salzwasser-Varietät der Vaginicola crystallina gebildet, welehe von mir in den oben angeführten Annalen der ungarischen Aerzte und Naturforscher als varietas annulata beschrieben wurde. Die kleinen Räuber drängen sich in die Hülsen der Vaginicolen, saugen sich auf dem zusammengestellten Hülsenbewohner fest, dann dehnen sie ihren Mund unglaublieh weit aus, um sich endlich nach Art der Amphilepten auf die, Beute zu stülpen. Nach dem Verschlingen der Beute scheiden die Enchelyse innerhalb der Hülse eine feine Cyste aus, welche oft nur aus einem quer ausgespannten Háutchen besteht (IX. 7.); in dieser Cyste verdauen sie bequem ihre Beute, theilen sich wohl auch in
"zwei bis vier Theile (IX. 8.) und verlassen dann wieder die ausgeplünderte
leere Hulse. Im Süsswasser beobachtete ich oft, dass dieselbe Art von Enchelys innerhalb einiger Tage massenhaft vorkommende Vorticellen günzlieh vertileten und mir dadurch, als ich eben die Vorticellen studirte, kein geringes Aergerniss verursachte.
entdeckte schon im Jahre 1716 «Fischchen» in einem Aufgusse von Eichenholz, welche, nach den charakteristischen Abbildungen der E. gigas zu entsprechen scheinen (Observations d'histoire naturelle, faits avec le microscope. II. partie du tome I. Paris, 1754, Chapitre xxxiv. pag. 82. Planche 12); auch MÜLLERs Enchelys Spa- thula (Animaleula infusoria. Hauniae, 1786. p. 40. Tab. V. Fig. 19—20.), und die mit dieser synonyme EHRENBERG’sche Leucophrys Spathula (Die Infusionsthiere p. 312. Taf. xxxir, Fig. 3), dann DUJARDIN"s Spathidium hyalinum (Hist. naturelle des Infu- soires, p. 458. Pl. vnu. Fig. 10.), und endlich PERgTY's Habrodon curvatus (Zur Kennt- niss kleinster Lebensformen, p. 147, Taf. v., Fig. 10) sind mit E. gigas identisch, — Ich fand dieses Infusionsthier in übelriechenden Strassenpfiitzen von Klausenburg und Hermannstadt sehr häufig und immer in sehr zahlreichen. Exemplaren ; sie besitzt nach meinen Beobachtungen, — wenigstens an den genaunten Fundorten, — nieht immer mehrere Vacuolen, wie es STEIN behauptet, sondern gewóhnlieh nur eine Vaeuole am hinteren Kórperende, zu welcher constant vorhandenen Vacuole nur ausnahmsweise noch mehrere zerstreute kleinere Vacuolen hinzukommen.
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ERVILIA SALINA, n. sp.
(IX. Taf. Fig. 12—14.)
Ich fand dieses winzige Infusionsthier, dessen mittelerosse Exem- plare etwa 0:02 ?»,, und nur die vereinzelt vorkommenden grossen Indi- viduen 0:03—0:04 m, erreichen, im länger aufbewahrten Salzwasser ziemlich häufig; es erschien immer, wenn die von mir unter dem Namen Chlamydodon Cyclops beschriebene Infusorien im abgestandenen Wasser schon ausgestorben oder im Aussterben waren. |
Die Form der Ervilia salina erinnert sehr an die kleinen Exemplare von Chilodon Cucullulus, mit welchen sie, besonders von der Seite gesehen, leicht verwechselt werden kann. Der Rucken ist etwas erhoben, glatt, nicht ganz steif, die Bauchseite hingegen flach und der linke, gróssere Theil dieser Fliiche, welcher ein bald drei- bald viereckiges Feld bildet, ist steif, glatt und wimperlos, während das rechtseitige sichelformige Feld, deren Breite individuellen Verschiedenheiten unterliegt, sich durch Weich- heit und Mobilität auszeichnet, doch durchaus nicht jene Mobilität erreicht wie die Lippe des Chilodon. Auf diesem sichelförmigen Felde verlaufen vier bis fünf tiefe Streifen, welche Cilien tragen; die Cilien sind im vorderen Theile des sichelförmigen Feldes länger und dicker, — was bei Ervilia monostyla (= Euplotes monostylus, EHRENB.) schon von EHRENBERG und DusarpIn bemerkt wurde, — und sind richtiger als Borsten zu bezeichnen, welche sich nach rückwärts in feine Wimperhaare verlieren. Hinten endet das Wimperfeld in ein an der Seite vorspringendes Schwänzchen, welches sich im verdunstenden Tropfen durch die Einwirkung der sich concentri- renden Salzlösung, gleich den Griffeln und Stielen der Oxytrichinen, in feine, steife Haare zasert (IX. 14.) und mithin eigentlich einem Bündel von verklebten Wimperhaaren entspricht. Ich muss noch bemerken, dass das glatte Feld nicht unmittelbar in das bewimperte übergeht, sondern die Grenzlinie des ersteren biegt sich mit einer scharfen Kante auf das bewim- perte Feld, wodurch an der Grenzlinie eine seichte Furche entsteht, welche sich während der Hebung der Lippe etwas dehnt und vertieft und in wel- cher die durch die Wimperbewegung herbeigesprudelten kleinen organischen Bruchstücke und Diatomeen, von welchen sich die Ervilia nährt, gerade zum Munde geführt werden. Dieser führt in einen ziemlich langen, schrä- gen, nach hinten sich verengenden, glatten und steifen Schlund, welcher in der Function, so wie bei Chilodon, etwas hervortritt. Contractile Vacuolen konnte ich am glatten Felde constant dreie unterscheiden, welche abwech- selnd pulsiren. Der Kern ist eiförmig und wird, wie bei den Oxytrichinen, Spirochona und einigen Chilodonten, durch einen queren Spalt getheilt, neben ihm konnte ich gewöhnlich einen runden Nucleolus unterscheiden.
Die E. salina unterscheidet sich von der E. fluviatilis, ausser der etwas
2] abweichenden Form, besonders dadurch, dass ihre Rückenseite die, für die E. fluviatilis charakteristischen tiefen Streifen durchaus nicht besitzt; sie steht aber jedenfalls sehr nahe zur kleineren Form der in den europüischen
' Meeren sehr gemeinen E. monostyla, besonders zu jenen, welche STEIN aus
der Triester Bucht und aus Cuxhaven beschrieb °°, sowie zur Agyria (= Ervilia) pusilla, CLAPARÉDE & LACHMANN ?! ; von jener, deren Form fast ellyptisch, oder viereckig, ziegelförmig ist, unterscheidet sich ausser der charakteristischen Form durch das breitere Wimperfeld, von der letzteren aber, welche übrigens sehr mangelhaft beschrieben ist, durch die bedeu- tendere Breite ihres Kórpers und durch die Dreizahl ihrer contractilen Vacuolen, während die marine Art nur eine besitzen soll.
SPAROTRICHA VEXILLIFER, n. g. et sp. * (XS Tat Oe tl.)
Der Kórper dieses Infusionsthieres, welches ich zwischen faulenden Pflanzentheilen in der Gesellschaft von Cyclidium Glaucoma in einzelnen Exemplaren, aber häufig antraf, ist weich, biegsam, aber nicht metabo- lisch, oder wenigstens keiner schnellen Formveränderung fähig, er ist im Ganzen spindelfórmis, vorne in einen Rüssel, hinten in ein Schwünzchen verschmälert, sehr oft S-formig geschweift.
Die ganze Oberfläche tragt zerstreute weiche Wimperhaare, welche am den beiden Körperenden etwas gedrángter stehen, und was ihre Länge und Starke anbelanst, etwa die Mitte zwischen gewöhnlichen Cilien und Dorsten halten; die Wimperhaare der Bauchfläche scheinen, wie die Bauch- borten der Oxytrichinen, zwei bis drei schräge Reihen zu bilden; ausser- dem begrenzt je eine Reihe von Cilien die Kórperseiten, am Rücken und Rüssel hingegen scheinen die Cilien ganz regellos zerstreut. Das Infu- sionsthier liegt gewöhnlich träge im Sediment, obwohl einzelne Cilien stets hin- und herschwingen, aber so schwerfallig und unbehulflich, wie z. B. die Cilien absterbender Infusorien oder Wimperzellen; kräftigere Schwin- sungen der Cilien vermögen aber das träge Infusionsthier zu heben, wel- ches ziemlich langsam schwimmend fortwährend um die Längsachse rotirt.
Von der Seite des Russels zieht ungefähr von der Mitte desselben in einem leichten Bogen auf die Bauchfläche eine, je nach den Individuen bald längere, bald kürzere, eigenthümliche Lamelle, welche der schma- laren Seite einer Federfahne zu vergleichen ist und aus unmittelbar sich berührenden Borsten besteht, welche, wie die Strahlen bei der Federfahne, verbunden zu sein scheinen, nie einzeln wirbeln, sondern sich gleichzeitig
* Zreplew, streuen, zerstreuen, — :05, Haar, also Zerstreuthaarig; vexillifer, Fahnentragend.
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heben, um sich wieder gleichzeitig zu senken und wie etwa die Leisten
eines ausgespannten Damenfächers, zusammenzuklappen, bald aber sich wieder von der Seite gegen die Bauchfläche kräftig umschlagen, wodurch
der unthätige Körper um seine Längsachse gedreht wird. Erschiene dieses
Gebilde im ersten Augenblicke noch so fremdartig, so lässt sich doch nicht verkennen, dass es mit der adoralen Wimperzone der Oxytrichinen homolog ist und mithin zum Peristom gehört, welches durch ein entgegengesetztes schmales undulirendes Band ergänzt wird und das Peristomfeld umgrenzt, innerhalb dessen die Mundöffnung dort zu suchen ist, wo sich die Wimper- zone und das undulirende Band treffen und von wo ein rechtsgebogener Schlund, welcher nur im Schlingacte zu suchen ist, in das Parenchym führt. Die ganze Anordnung ist mithin ganz dieselbe, wie bei den Oxytri-
chinen, bei welchen der Mund keinesfalls einen longitudinalen Spalt des '
Peristomfeldes bildet, wie dies von STEIN angegeben wird, sondern ganz gewiss die eben beschriebene Lage einnimmt, wie dies auch schon CLapa- REDE und LACHMANN, sowie WRZESNIOWSKI richtig erkannten und dar- stellten.
Neben der Mundöffnung steht ein Büschel feiner, steifer Borsten, ganz übereinstimmend mit jenen, welche nach Srey bei Stichotricha secunda, nach CLAPARÉDE und Lacumann aber bei der naheverwandten Stichochaeta cornuta vorkommen.
Das Protoplasma der Sparotricha ist hell, wenig- und kleinkörnig und wie bei Cyclidium Glaucoma etwas bläulich. Das Endoplasma ist gewöhnlich mit Verdauungsvacuolen erfüllt, welche aufgeweichte orga- nische Bruchstücke und Bacterien, mit welchen sich die Sparotricha nährt, enthalten. Unter diesen Safträumen ist die contractile Vacuole, die nicht leicht zu ermitteln, sie liegt wie bei den Oxytrichinen etwas links unter dem Peristome.
Die Organisation der Sparotricha wird noch durch zwei helle eiför- mige Kerne ergänzt, welche den Kernen der Oxytrichinen sehr ähnlich scheinen, doch konnte ich in ihnen weder einen queren Spalt, noch aber nebenstehende Nucleoli wahrnehmen.
Die Länge der Sparotricha schwankt zwischen 0:06 bis 0:01 v.
Wenn man die Stelle, welche unser Infusionsthier im Systeme einzu- nehmen hat, bestimmen will, lásst sich wohl nicht lange darüber schwanken, dass es trotz seiner abweichenden Bewimperung in die Familie der Oxytri- chinen einzureihen ist. Wenn man den Verwandtschaftsbeziehungen der Infusorien nachforscht, — und dies ist wohl die Aufgabe jeder systema- tischen Bestrebung, — kann man unmöglich in einem jeden Fall an die Charaktere der STrEIN'schen Ordnungen festhalten; thäten wir dies im vor- liegenden Falle, so móchte uns nichts anderes erübrigen, als für die Sparo- tricha eine neue Familie zu gründen, entweder unter den Holotrichen, oder
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aber, wenn wir die Fahne für eine adorale Wimperzone halten, welcher sie in der That auch entspricht, unter den Heterotrichen. Man steht hier vor derselben Alternative, wie bei vielen hypotrichen Infusorien (Loxodes, Litonotus und die Familie der Chlamydodonten), welche ganz entschieden mit holotrichen. Infusorien in nächster Verwandtschaft stehen (Loxo- phyllum, Amphileptus, Dileptus und die Familie der Nassulinen): ent- weder müssen wir von anderen Organisationsverhältnissen ganz absehend uns vor den SrEIN'schen Ordnungscharakteren beugen, und in diesem Falle sind wir dann ófters gezwungen selbst generisch schwer zu trennende Infusorien (z. B. Amphileptus und Litonotus, oder Loxophyllum und Lito- notus) in verschiedene Ordnungen einzureihen; oder aber wir geben der Uebereinstimmung mehrerer Charaktere den Vorzug vor dem einzigen, auf welchem STEIN seine Ordnungen gründete. Die Wahl dürfte meiner Auffassung nach nicht schwer fallen, da sich im Grunde doch nur eine Meinung motiviren lässt und zwar jene, dass die gesammten Organisations- verhültnisse in Betracht zu nehmen sind; unter den gesammten Organi- sationsverhältnissen verstehe ich aber die allgemeine Kôrpergestalt, haupt- sachlieh ob der Kôrper um die Längsachse gedreht ist, oder nicht, den Ort des Mundes und Afters, die Structur des Peristomes und Schlundes, — wenn sie überhaupt ausgebildet sind, den Ort, die Structur und allenfalls auch die Zahl der Kerngebilde, den Ort der contractilen Vacuole oder Vacuolen, das Vorhandensein oder Fehlen der Myophanstreifen und mit diesem natürlich auch die Bewimperung, und wie bei einer jeden natür- lichen Gruppirung, so ist auch hier jedenfalls so zu verfahren, dass wir jene Formen neben einander stellen, welche durch die Mehrzahl der Charaktere übereinstimmen. Dies vor Aug.n haltend, kann man die Sparotricha, wie schon erwühnt, nur in der Familie der Oxytrichinen unterbringen, mit welchen sie durch ihre um die Längsachse leicht gedrehte allgemeine Kör- pergestalt, durch den Mund und Periston, durch die zwei Kerne, durch den Ort der contractilen Vacuole und durch das Fehlen der Myophan- streifen übereinstimmt und im Wesentlichen nur dadurch abweicht, dass sie auch auf der Rückenseite zerstreute Cilien trägt; dass aber dies nicht als Grund zur Trennung von den Oxytrichimen angesehen werden kann, dafür spricht der Umstand, dass die sogleich zu besprechende Stichotricha auf dem Rücken ebenfalls Wimpern trägt, wie dies auch von STEIN aner- kannt wird, indem er behauptet, dass seine neueren Untersuchungen ihn zum überraschenden Ergebniss führten, dass die Stichotricha secunda auf dem Rücken zwei Längsreihen von Wimpern trägt, welche sich mit den drei Reihen der Bauchborsten kreuzen.?? Im Allgemeinen steht die Sticho- tricha sehr nahe zu unserem Infusionsthier, von welcher sich die Sparo- tricha im Wesentlichen dadurch unterscheidet, dass ihre Peristomwimpern eine zusammenhängende Fahne bilden, ferner dass ihre Wimpern schein-
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bar regellos zerstreut sind, und endlich dadurch, dass sie nicht metabolisch ist; ferner steht sie auch noch nahe zu den Arten von Uroleptus, von welchen sie hauptsächlich durch die Abwesenheit der für die Urolepten charakteristischen Stirnhacken abweicht.
In der mir zur Verfügung stehenden Literatur finde ich nur ein Infu- sionsthier, welches auf die Sparotricha erinnert, und das ist das von Con unter dem Namen Lembus velifer beschriebene marine Infusionsthier aus Helgoland; ? Conw's Infusionsthier ist aber an seiner ganzen Oberfläche mit dicht stehenden feinen Cilien bedeckt, ferner befindet sich seine con- tractile Vacuole am hinteren Ende des Körpers, — einen Kern konnte Coun nicht unterscheiden, — endlich ist sein ganzer Kórper quer gerin- gelt, welche quere Ringelung weder der Sparotricha, noch aber den Oxytri nhinen überhaupt zukommt.
STICHOTRICHA MULLERI. Ewrz.
(X. Taf. Flg. 1—3.)
Im Jahre 1856 gründete LAcuwaNN ein neues Genus von Infusorien mit zwei Arten, der Chaltospira Mulleri und Ch. Mucicola, ?* welche er unter die Stentorinen, spáter aber mit den Stentoren unter die Bursarinen einreihte, % und für nächste Verwandte der Stentoren und Freia ansah. Lacumann’s Infusionsthier ist eiformig, an der ganzen Oberfläche bewim- pert, und verändert sich am vordern Ende in einen weit ausstreckbaren, schlanken, contractilen Rüssel, welcher während seiner Thatigkeit spiralig gewunden ist und einen zum Munde führenden Wimpersaum trägt; knapp neben dem Munde ist die Afteröffnung und hinter dieser eine contractile Vaeuole. Von den zwei Arten ist Ch. Mülleri im Ganzen schlanker und tragt einen langeren Russel als die andere Art, und bewohnt flaschenfor- mige Hulsen, welche in geóffneten Zellen zerrissener Blätter der Lemna trisulca stecken ; die Ch. mucicola hingegen ist von gedrungenerer Korper- form, tragt einen kürzeren Russel und die erste Borste ihres Wimper- saumes ist bedeutend kräftiger als die anderen, sie bewohnt schleimige Röhren. LacHmanx hält es fur möglich, dass die von Perry unter die Oxy- irichinen eingereihte Stichotricha secunda mit den Chaetospiren verwandt ist, was sich aber nach der Mangelhaftigkeit der Perry’schen Daten nicht entscheiden lässt.
Stern fand unter zerrissenen und gebräunten Blättern der Lemna trisulca nach Chaetospiren forschend hüufig ein Infusionsthier, welches der Form nach mit der Ch. Mulleri ganz ubereinstimmt, jedoch gehort dieses Infusionsthier nach STEIN entschieden in das Genus Stichotricha ?6,
Endlich beschreiben auch De Fromenrez und Madame JoBarp- Murxau die Ch. mucicola, welche sie in die Familie der Lacrymarien ein-
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reihen, in eine echte Quodlibet-Gruppe von Infusorien, in welche folgende Formen friedlich neben einander stehen: Lacrymaria, Phialina, Trachelo- phyllum, Spirostomum, Amphileptus, Dileptus, Kordylostoma, Tricho- leptus (ein neues Genus, welches nach der mangelhaften Beschreibung und den Abbildungen zu urtheilen, zum Uroleptus violaceus, STEIN sehr nahe steht, móglicherweise mit demselben auch identisch, aber jedenfalls nichts als eine Uroleptus-Art ist), Loxophyllum und Chaetospira. ?' Nach den genannten Forschern bewohnt die Ch. mucicola eine der, der Vaginicolen ahnliche Hulse, welche vorne schief abgestutzt ist und der Linge nach an Wasserpflanzen befestigt ist. Weder nach den Abbildungen, noch nach der Beschreibung lässt sich über die Organisation der Ch, mucicola etwas Näheres berichten, als was wir nach Lacumann bereits mittheilten.
Aüs dem Gesagten ist es ersichtlich, dass unsere Kenntniss der Orga- nisation der Chaetospiren durchaus nicht befriedigend ist und so dürften nähere Daten jedenfalls nur erwünscht sein.
Ich traf in Klausenburg sowohl unter faulenden Blättern der Lemna trisulca als auch an den Wurzeln der Lemna polyrrhiza nicht selten Infu- sorien an, welche mit dem Lacumann’schen Genus Chaetospira überein- stimmen und eine Form dieses Infusionsthieres fand ich auch jim Salz- wasser. Vor allen Anderen muss ich hervorheben, dass die Infusorien, welche durch Körperform, allgemeine Organisation und Lebensweise mit den Chaetospiren gänzlich überereinstimmen, auch nach meinen Unter- suchungen ganz entschieden in das Genus Stichotricha gehóren und von der Stichotricha secunda sich hauptsächlich durch ihren äusserst dehnbaren Russel unterscheiden. Ich kenne sowohl Chaetospira Mulleri, als auch Ch. mucicola; jene ist zwischen laufenden Lemnablättern gar nicht selten und wühlt entweder frei in der faulenden Substanz umher, oder sie bewohnt eine der, der Stichotricha secunda ganz ähnliche Schleimróhre, deren innere Schichte sich oft, aber nicht immer, zu einer flaschenformigen Hulse erhartet. Die Ch. mucicola hingegen befestigt ihre Rohre der Lange nach an Lemnawurzeln, diese Röhren sind gleichfalls entweder schleimig,oder ihre innere Schichte erhartet sich zu einer schief abgestutzten, fingerhutfor- migen Hülse, wie dies Madame Joparp-MurEau in einer Abbildung sehr naturgetreu wiedergab, und umschliesst entweder nur das Infusionsthier, oder auch noch ein schleimiges kórniges Secret, dessen innere Schichte sich auch wieder erhürten kann und dann, wie bei der Ch. Mulleri, eine flaschenförmige zweite Hulse bildet. Es ist eine bekannte Thatsache, dass sich die Infusorien, wenn sie sich durch Theilung schnell vermehren, den Diatomeen ähnlich fortwährend verkleinern und dieser Umstand erklärt es, dass die alte Hülse allmälig zu gross wird, welche Unbehaslichkeit durch den zwerghaften Epigonen dadurch gehoben wird, dass er innerhalb der zu weiten alten Hülse eine dem verkleinerten Körper entsprechende
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engere ausscheidet. Die beiden Chaetospiren unterscheiden sich durch Gróssen-Dimensionen, ausserdem wird aber die gróssere und plumpere Ch. mucicola noch dadurch charakterisirt, dass ein bis drei der Endborsten des Rüssels kráftiger und dieker sind als die anderen und gewissermassen ebensoviele Stacheln bilden; andere Unterschiede kenne ich zwischen den beiden Chaetospiren nicht, und wenn ich in Betracht ziehe, dass, wenn ich an den Wurzeln der frisch geschopften Lemnen die Ch. mucicola antraf, nach mehreren Wochen, nachdem die Lemnen theilweise 1n Fáulniss über- eingen, stets auch die kleinere und schlankere Ch. Mulleri erschien, ferner die Bildung flaschenfórmiger Hulsen innerhalb der grosseren fingerhutfor- migen: glaube ich richtig zu schliessen, indem ich behaupte, dass die beiden Chaetospiren zur selben Art gehóren und die Ch. Mulleri fur die kleine schlankere Generation ansehe; da nun die beiden Formen der Chaetospira von Stichotricha generisch gewiss nicht zu trennen sind, empfehle ich die Benennung Stichotricha Mulleri.
Die Stichotricha Mülleri lebt wie St. secunda oft ganz frei, ohne Rohre oder Hulse, so traf ich sie stets hulsenlos im Salzwasser an; diese Salzwasser-Exemplare scheinen mir von der schlankeren Form, der Lacn- MANN’schen St. Mulleri, nur noch dadurch abzuweichen, dass ihr Russel nicht so dehnbar ist, wie bei den Süsswasser-Exemplaren, welchem Charakter jedenfalls nur ein sehr untergeordneter Werth zugeschrieben werden kann.
Auf die specielle Beschreibung übergehend, will ich mich auf jene Beobachtungen beschränken, welche ich an Salzwasser-Exemplaren machte.
Der Kórper der St. Mulleri ist metabolisch und verändert seine Form durch Strecken und. momentanes Zusammenschnellen; bei gestrecktem Korper ist es etwas um die Langsachse gedreht und lanzenformig (X. 1. 2.), wahrend er bei der Contraction kugel- oder birnformig wird (X. 3.); die Ruckenseite ist etwas gewolbt, die Bauchseite hingegen, besonders wahrend des Umherkriechens, flach (X. 2.); das hintere Ende des gestreckten Kör-
pers verschmälert sch, das vordere hingegen geht in das auffallendste |
Organ unseres Infusionsthieres, in den Rüssel über. Dieses Organ ist ganz besonders mobil und ganz ausgestreckt übertrifft es die ganze Körperlänge; wahrend dieser Streckung ist es bandformig verflacht (X. 1.), contrahirt erscheint er cylindrisch und bildet einen fingerformigen Fortsatz (X. 2. 3.), welcher bei der gróssten Contraction fast ganz verschwindet und dann nur ein wenig vorspringendes Wärzchen bildet. Der gestreckte Russel rollt sich immer in ein bis zwei wendeltreppenformige Windungen (X. 1.), und auf diese Weise elegant geschwungen bietet er mit seinem durch die lebhaf- teste Bewegung blendenden Wimpersaum einen prachtvollen Anblick. Der eben erwähnte Wimpersaum besteht aus gleichlangen Borsten, welche vom linken Rande des Rüssels an dessen Basis in die adorale Wimperzone
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übergehen; am contrahirten Rüssel sind die Wimpern natürlicherweise näher gerückt und etwas nach rückwärts gebogen (X. 3.). Der linke Rand des Peristomfeldes wird durch ein ziemlich breites undulirendes Band gesäumt, dessen ganze Breite besonders bei kriechenden Exemplaren in der Profilansicht deutlich wird. (X. 2.) Die Mundoffnung ist etwas nach links am unteren Ende des Peristomfeldes, neben ihr konnte ich einen Borstenbüschel, ähnlich dem der Sparotricha und Stichotricha secunda beobachten. Bei äusserster Streckung des Russels verschmälert sich das Peristomfeld und der vordere Theil des Kórpers der Stichotricha scheint gewissermassen in den Russel aufzugehen.
Auf der Bauchseite der St. Mülleri laufen, wie bei St. secunda, in schräger Richtung von rechts nach links drei Wimperreihen, welche je nach den Individuen bald durch stärker- entwickelte Borsten, bald durch etwas làngere Cilien gebildet werden. Die Seiten des Korpers werden eben- falls durch je eine Reihe von Borsten eingesiumt, welche links neben dem Peristom von der Bauchseite ausgehen, dann aber lings des Kórperendes verlaufen, um sich rechts etwas auf dieRuckenseite zu ziehen, welche Win- dung der Randwimpern auf die schwache Längsdrehung des ganzen Kor- pers zurückzuführen ist. Die Randwimpern des Schwanzendes sind etwas lànger und schlanker als die anderen. Auf der ganzen Rückenseite endlich sind schwache Borsten zerstreut (X. 3.) STEIN unterscheidet, wie ich schon oben anführte, nach neueren Untersuchungen am Rücken der St. secunda zwei Wimperreihen, welche sich mit den Wimperreihen der Bauchfläche kreuzen, — ich finde diese Rückenwimpern bei der St. Mulleri ganz regel- los zerstreut. Endlich muss ich noch erwähnen, dass CLAPARÉDE und Lacx-
MANN bei der Strichochaeta cornuta, ?9 — welche von den Stichotrichen jedenfalls nicht generisch zu trennen, und hôchst wahrscheinlich mit WrzEsNiowsk1’s Stichotricha aculeata identisch ist, — ferner Wrzzs-
NIOWSKI bei dem eben erwähnten Infusionsthier ??, STEIN aber nach neueren Untersuchungen, welche er im II. Theile seiner grossen monographischen Arbeit mittheilt, auch bei Stichotricha secunda # am Russel ganz eigen- thumliche lange, feine steife, Borsten entdeckte, ähnlich jenen, welche zwi- schen den Kórperwimpern der Stentoren vorkommen; ich sah diese steifen Haare bei der St. Mulleri nie und will hier bemerken, dass sie bei der St. secunda bald vorkommen, bald aber ganz fehlen, welches Verhalten ubri- gens auch bei den Stentoren zu constatiren ist. | Das Protoplasma der St. Mülleri ist farblos und enthält nie Cloro- phyllkórperchen, welche bekannterweise bei St. secunda oft vorkommen; das Endoplasma ist gewohnlich mit fettglanzenden Klumpchen und Bruch- stucken von Algen erfüllt und enthalt nur selten Verdauungs-Vacuolen. Das nicht scharf abgegrenzte Endoplasma ist sehr contractil, aber ohne Myophanstreifen. Die contractile Vacuole ist, wie bei allen Oxytrichinen
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an der linken Seite, unterhalb des Peristomes sichtbar, sie öffnet sich auf dem Rücken, gleich hinter derselben ist der After, welcher sich aber am linken hande der Bauchseite óffnet. |
Die beiden Kerne entsprechen ganz denen anderer Oxytrichinen, sie sind eiförmig, gewöhnlich durch einen Querspalt getheilt und je ein runder Nucleolus liegt jedem Kerne an.
Ich fand die St. Mülleri im Salzwasser stets ohne Hülse zwischen faulenden Algen und Diatomeen, wo sie mit zur Hälfte ausgestrecktem Russel munter umherkrochen, und sich wie die. St. secunda bald vor- bald rückwärts bewegten, bald wieder in die weiche faulende Substanz einge- nistet mit spiralig geschwungenem Russel lebhaft wirbelten, um bei der leisesten Berührung blitzschnell zusammenzusehnellen und sich in das Versteck zurückzuziehen.
ACINETA TUBEROSA, EHRENBERG.
KR Tat Rig. 413 0, bsc; 1d):
STEIN fand im Seewasser, welches er im Jahre 1852 nach Tharand bringen liess, an den Kiemenblättern und Füssen, von Gammarus marinus, sowie an den Extremitäten von Sphaeroma serrata, in der Gesellschaft von Zoothamnion affine, sehr zahlreich eine Acineten-Art, in welcher er die EHREN- BERG sche Acineta tuberosa erkannte und dieselbe als Acineten-Zustand der genannten Vorticelline beschrieb. *! Bei der Besprechung von Podophryagem- mipara erwähnt R. HrrrwiG ganz kurz, dass die Stein’sche Acmete nicht identisch sei mit der EHRENBERG schen Acineta tuberosa;*? BüTscurr hin- gegen halt Herrwia’s Auffassung für irrig und behauptet, dass die beiden Acineten zur selben Art gehören. *? Wenn man die Beschreibung und die Abbil- dungen von EHRENBERG mit denen von Srzrw vergleicht, lässt sich nicht verkennen, dass die EunEgNBERG'sehe Acinete durch ihren schlanken Kor- perbau und ihren die Kórperlinge zweimal übertreffenden Stiel von der STEIN schen abweicht; es muss jedoch auch das in Betracht gezogen werden, dass neben den kurzgestielten Exemplaren auch noch solche erwühnt werden, welche an Länge des Stieles der EHRENBERG schen gleichkommen,
ferner jener Umstand, dass die von Ercuwaup beschriebene A. tuberosa
ebenfalls durch kürzeren Stiel von der Kurensera’schen abweicht; * dies alles in Betracht gezogen, können wir es für wahrscheinlich halten, dass die A. tuberosa in der Kórperform und Stiellange variirt und ich glaube, dass kein triftiger Grund vorhanden ist, die von den beiden Forschern beschriebenen Acineten für verschieden zu halten. — Die Antwort auf die Frage, welche Acinete der EnnENBERG'schen A. tuberosa entspricht, wird noch dadurch complicirt und erschwert, dass EHRENBERG seine marine
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A. tuberosa mit der von O. Fr. Mürzer beschriebenen Vorticella tuberosa für identisch hilt, welche Süsswasser-Acinete ohne Zweifel nichts anderes ist, als jene Acinete, welche Sreix zuerst für den Acineten-Zustand der Opereularia nutans, * später aber für den der Vorticella nebulifera *6 hielt, und welche er nach dem Aufgeben der Acineten-Theorie mit dem Namen A. Lemnarum bezeichnete und welche BürscHLI ganz irrig mit der A. quadripartita identificirt; die erstere trägt nämlich vier, die letztere aber nur zwei Hocker: «Vorticella simplex, turbinata, apice bituberculata» (0. Fr. MÜLLER) 47; die A. tuberosa weicht aber in dem von der A. Lem- narum ab, dass ihr Körper von beiden Seiten flachgedruckt ist, ferner einen abstehenden Panzer trägt und nur eine contractile Vacuole besitzt, wüh- rend der Kórper der letzteren keulen- oder birnformig, ihr Panzer aber nur sehr schwach entwickelt ist und zwei bis drei Vacuolen besitzt. Nach- dem über die A. tuberosa eine so trostlose Confusion herrscht, dürfte es vielleicht motivirt und am gerathensten sein, für die Acinete, welche ich theils an Algen, theils frei an der staubigen Oberflache des Wassers der Salzteiche in ungeheurer Menge antraf, eine neue Art zu gründen; da aber die Acineten des Salzwassers mit der von Srrın beschriebenen marinen A. tuberosa gánzlich übereinstimmen, diese aber von der EHRENBERG’schen A. tuberosa nicht zu trennen ist: glaube ich den Namen A. tuberosa behalten zu dürfen.
Der Kórperumriss der A. tuberosa ist glockenformig oder dreieckig, die in der Lüngsachse liegende mittlere Zone abgerechnet, welche sich her- vorwölbt, ist der Körper von den beiden Seiten abgeflacht, was besonders von Oben betrachtete Exemplare deutlich zeigen (X. 7.); aus den beiden oberen Ecken des Dreieckes entspringt je ein Höcker, welcher die Ten- takeln trägt, zwischen diesen ist noch ein mittlerer, mehr abgeflachter und tentakelloser. Der Weichkörper liegt in einem farblosen Panzer von ziem- lich derber Cuticula gebildet, welche an der Basis der Seitenhöckern abge- stutzt zu sein scheint, in der That aber sich nur verdunnt und die Hocker ebenfalls überzieht; bei jungen Exemplaren ist der Panzer ganz glatt, bei grösseren und älteren hingegen ringförmig (X. 8.), oder ganz regellos gefaltet; bei solchen Exemplaren, deren Weichkörper sich durch die schnell aufeinander erfolete Reduction von Schwärmsprösslingen verkleinert hat, ist der Panzer oft wie eine leere Blase zerknittert und gerunzelt. Aus dem verschmälerten unteren Theile des Panzers entspringt der Stiel, welcher höchstens die Länge des Körpers, zumeist aber nur die Hälfte oder den dritten Theil desselben erreicht, er ist stielrund oder nach Unten etwas verdünnt und endet stets mit einer Scheibe. Der Stiel junger Exemplare ist ziemlich elastisch und mit einer farblosen homogenen Substanz erfüllt, später verliert er seine Elasticität, wird röhrig und enthält oft einen Achsen- faden (X. 4.), am óftersten aber ist er ganz hohl und der Länge nach fein
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gestreift, sein oberes Ende ist vom Inneren des Panzers durch eine quere Scheidewand getrennt.
Der Panzer liegt nur bei sehr jungen Exemplaren aninittelbad a
Weichkórper, bei älteren Individuen ist er hingegen mehr-minder abste- hend und nur die Seitenhócker sind vom Panzer unmittelbar überzogen; die Membran des Panzers ist aber an der Basis der Hócker bedeutend ver- dünnt und übergeht allmälig in die, auch durch Reagentien nur schwer abhebbare Grenzschichte des Protoplasma der Hocker; da nun die Cuti- cula in der Basis der aufgedunsenen Hocker einige tiefe, ringformige Ein- schnurungen bildet, so hat es den Anschein, als ob der Panzer hier abge- stutzt und geöffnet wäre; man kann jedoch an solchen Exemplaren, welche ihre Höcker eingezogen haben, bei geeignetem Einstellen des Mikroskopes die Dupplicatur der eingestülpten Cuticula deutlich wahrnehmen (X. 8.). STEIN unterscheidet am Weichkörper der A. tuberosa innerhalb des Pan- zers noch eine eigene, dünne, anliegende Kórpermembran, Hrrrwic hin- gegen behauptet ganz entschieden, dass diese Membran den Acineten nicht zukommt. Wie bei so manchen Controvers Ansichten, so ist auch hier die Wahrheit in der Mitte zu suchen; die A. tuberosa besitzt eine Körper- membran, und besitzt auch keine ; wenn wir nämlich für ein Membran nur jenes Gebilde ansehen wollen, welches ohne Reagentien unmittelbar sichtbar ist, so müssen wir uns der Herrwic’schen Ansicht anschliessen ; will man hingegen den Begriff der Membran auch auf eine nur durch Rea- gentien abhebbare Grenzschichte ausdehnen, so muss man STEIN Recht geben; ich konnte mich wenigstens an solchen Exemplaren, deren Proto- plasma saftreicher war, von dem Vorhandensein einer abhebbaren Grenz- schichte deutlich überzeugen, während bei geschrumpfteren Exemplaren selbst durch- Reagentien keine Grenzschichte abzuheben war. Uebrigens ist die ganze Controverse über das Vorhandensein oder Fehlen einer Kôr- permembran, meiner Ansich nach, ganz steril, bei welcher am Ende doch ein Jeder von seinem Gesichtspunkte aus hecht behält, da zwischen einer Grenzschichte, welche von dem übrigen Protoplasma durch minderen Wassergehalt und dureh seine chemische Zusammensetzung verschieden ist und zwischen einer deutlich. ausgeprägten, doppeltcontourirten, echten Membran nur ein gradueller Unterschied existirt, für welche Behauptung die Entwickelung der A. tuberosa als sehr geeignetes Beispiel dienen kann : die junge Acinete nämlich, welche sich nach dem Schwärmen eben fest- gesetzt hat, besitzt noch gar keine Membran, später differenzirt sich an ihrer Oberfläche eine Grenzmembran, welche allmälig in eine doppeltcon- tourirte Membran übergeht, diese aber sich schliesslich vom Protoplasma abhebt und nun den Panzer darstellt.
Wie bei anderen Acineten, so enthilt auch das Protoplasma der A. tuberosa kleinere-grossere fettglänzende Klümpchen, welche. nur eine
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dünne Schichte von Endoplasma übrig lassen, die Seitenhôcker aber sind stets kornerlos. Das Protoplasma ist gewohnlich farblos, selten ziegelroth,
welche Farbe gewiss nicht einem eigenen Pigment der Acinete zuzuschreiben
ist, sondern von den ausgesogenen Exemplaren des Chlamydodon Cyclops herrührt. Einigemal traf ich auch grüne Kügelchen im Inneren der Acinete an, von welcher ich noch weiter unten sprechen werde. Nach EHRENBERG ist die A. tuberosa gelblichbraun, nach Ercmwarp grünlich, nach STEIN farblos, oder durch verschieden nuancirte Pigmente gefürbt.
Bei A. tuberosa strahlen die Tentakeln, wie bei allen Acineten, welche einen Panzer oder eine Hulse besitzen, nicht von der ganzen Korper- oberfläche aus, sondern nur aus den beiden mit Pieilen erfüllten Köchern gleichenden Seitenhóckern. Die Form und Grösse dieser Hocker schwankt je nach dem die Acinete dieselben aus dem Panzer hinausdrückt, oder ein- zieht. Die Tentakeln sind schlanke, fadenformige Gebilde, welche im aus- gestreckten Zustande gewöhnlich mit einem Knópfchen, und nur selten stumpf abgestutzt, oder etwas zugespitzt enden; sie werden nie ganz ein- gezogen, sondern stehen auch in der Ruhe etwas hervor und lassen sich oft weit in das Innere des Protoplasma-Kôrpers verfolgen (X. 6. 8.), was übrigens schon von EHRENBERG beobachtet wurde. Während des Einziehens bleiben die Tentakeln entweder steif und bieten dann ein Bild wie steife Nadeln, wenn sie in irgend einen Gegenstand hineingedruckt würden, oder sie winden sich, besonders bei sehr schnellen Contractionen korkzieherformig und verlieren die Windungen bei dem weiteren Einziehen nur allmilig. Von, Hertwie werden bei Podophrya gemmipara zweierlei Tentakeln unter- schieden: nämlich lange, zugespitzte und sich korkzieherförmig windende Fangfäden, und kürzere, geknopfte und sich nicht windende Saugfaden ; jene dienen zum Ergreifen, diese zum Aussaugen der Beute und HERTWIG hält es für wahrscheinlieh, dass die Verschiedenheit der Tentakeln auch bei anderen Acineten vorhanden sein dürfte. ** Diese Verschiedenheit lässt sich in der That sowohl bei der A. tuberosa, als auch bei anderen Acineten constatiren ; das fand ich jedoch bei keiner der von mir untersuchten Aci- neten, dass diese Verschiedenheit der Tentakeln eine bestündige würe, das heisst, dass gewisse Tentakeln, wie es HERrwiG behauptet, beständig Raub- fiden, andere bestandig Saugfüden würen, im Gegentheil finde ich, dass derselbe Tentakel je nach den Umständen bald einen Raubfaden, bald wieder einen Saugfaden darstellt. Die zur Hälfte vorgesteckten Tentakeln enden gewóhnlich abgestutzt, nachdem sie sich aber gestreckt haben, um auf Beute zu lauern, entsteht an ihrem freien Ende ein Knópfchen; wenn die lauernde Acinete lüngere Zeit hindurch keine Beute erhaschen kann, pflegen einige Tentakeln aus der Gruppe der anderen hervorzutreten, dehnen sich sehr in die Länge, velieren ihr Knôpfchen und werden zuge- spitzt, das sind nun Herrwie’s Raubfäden. Da nun aber stets nur ein bis
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zwei Tentakeln so verlüngert sind, so ist es ganz begreiflich, dass diese Vorposten nicht im Stande sind gróssere Infusorien zu bewältigen, sondern sich nur darauf beschränken, das Infusionsthier, welches wie auf Leim- spindeln kleben geblieben ist, zu den kürzeren Tentakeln zu ziehen, wobei sie sich plôtzlich contrahiren und korkzieherfórmig winden; diese Win- dungen erscheinen aber bei plotzlichen Contractionen oft auch an den kürzeren geknópften Tentakeln. Dass übrigens die sehr verlängerten Raub- faden gelegentlich auch als Saugfäden fungiren, davon überzeugte ich mich sowohl an der A. tuberosa, als auch an anderen Acineten ; ich sah nämlich unzählige Male, dass einzelne Raubfäden, während die Saugfüden mit der Plünderung eines grósseren Infusionsthieres bescháftigt waren, auf eigene Faust auf kleine Cyclidien jagten und sie auch aussaugten, zu anderen
Malen beobachtete ich, dass einzelne sehr verlängerte Raubfäden in das
Jagdgebiet fremder Acineten eindrangen, sich an der fremden Beute fest- setzten und an deren Aussaugung betheiligten. — Dies Alles in Betracht gezogen kann es unmöglich für alle Acineten gelten, dass sie für die ver- schiedenen physiologischen Arbeiten, wie es HERnTWwIG vermuthet, verschie- dene Tentakeln besitzen.
Die Substanz der Tentakeln ist hyalin, während des Saugens aber zieht ein Kórnchenstrom von der Beute durch die Tentakeln und ist weit in das Innere des Acinetenkörpers zu verfolgen, wie dies von LACHMANN entdeckt ** und durch die Untersuchungen von CLAPARÉDE, STEIN und Hrrrwıc bestätigt wird; letzterer Forscher erwähnt noch, dass von der Basis der Tentakeln feine Faden durch das Protoplasma gegen den Kern ziehen, deren Vorhandensein ich nach meinen eigenen Untersuchungen nur bestätigen kann und ich möchte sie mit den Achsenfäden der Helio- zoen vergleichen, welche bei diesem gewóhnlich auch vom Inneren des Protoplasma ausstrahlen und die Pseudopodien durchziehen, während sie bei den Acineten an der Basis der Tentakeln zu enden scheinen ; in beiden
Fällen bilden sie beständige Bahnen, gewissermassen Schienen, auf welchen |
das strómende Protoplasma gleitet.
Ich muss noch eine ganz eigenthümliche Art der Nahrungsaufnahme der A. tuberosa erwähnen. Ich führte bereits weiter oben an, dass ich manchmal im Inneren dieser Acinete grüne Korperchen beobachtete, welche bald scharf umschriebene Kügelchen bildeten, bald wieder auf ver- schiedenen Stadien der Verdauung standen. Ich konnte mir das Vorhan- densein dieser Kórperchen gar nicht erklären, da ich deren Aufnahme durch die Tentakeln für ganz unmoglich hielt, bis es mir einmal gelang zu beobachten, dass eine Acinete ein grünes Kórperchen, welches aus einem zerrissenen Algenfaden herstammte mit einem Tentakel fasste, worauf
sich der Tentakel alimälig contrahirte und sein geknöpftes Ende becher- .
formig ausdehnte und der grüne Körper zuletzt durch den gänzlich einge-
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zogenen Tentakel, wie durch einen Mund, in das Innere der Acinete ein- drang (X. a, b, c, d). Diese Beobachtung spricht offenbar dafür, dass das Knópfchen am Ende der Tentakel einer Haftscheibe entspricht, in deren Mitte sich eine feine Oeffnung befindet, welche sich gelegentlich auch sehr weit ansdehnen kann, so dass sie zum Verschlingen auch verhältniss- müssig grosser Korper geeignet ist. Diese eigenthümliche Art der Nah- rungsaufnahme bildet aber durchaus nicht einen einzeln dastehenden Fall bei den Acineten, die von CrAPARÉDE und LACHMANN an den norwegischen Küsten entdeckte Podophrya Trold ganz auf derselben Weise, wie die A. tuberosa, aber bedeutend grosse Infusorien zu verschlingen ver- mag; "" bei Podophrya Trold scheint aber diese Art der Nahrungsauf- nahme die gewohnliche zu sein, die A. tuberosa hingegen gebraucht ihre Tentakeln nur ausnahmsweise zum Schlingen, moglicherweise nur dann, wenn sie keine Infusorien erbeuten kann. Ich will hier nochmals erwähnen, dass die Farbe der marinen A. tuberosa von Ercnwarp für grün angegeben wird und es 1st wohl wahrscheinlich, dass das Pigment denselben Ursprung hat, wie bei der A. tuberosa des Salzteiches.
Die A. tuberosa besitzt nur eine contractile Vacuole in der Mittel- linie des vorderen Korpertheiles (X. 7. 9.), bei Exemplaren, welche reife Embryonen enthalten, ist sie jedoch mehr-minder auf die Seite, oder nach ruckwarts gedrängt (X. 4. 5.8.); diese sich tráge contrahirende Vacuole mundet durch einen feinen Canal an der mittleren Hervorbuchtung, wo ich ofters ganz deutlich sah, dass der Korper der Acinete durch ein trich- terformiges, membranöses Gebilde mit dem Panzer zusammenhängt, welcher am Scheitelpunkte des Panzers jedenfalls eine feine Oeffnung besitzt (X. 9.). Meines Wissens macht nur Bürschui bei der Besprechung der Podophrya quadripartita dessen Erwähnung, dass bei der genannten Acinetine am Scheitelpunkte vor der Ausbildung des Schwärmers eine kleine spalt- oder trichterförmige Einsenkung entsteht, deren Bänder sich später hervorstülpen, so dass man in Versuchung kommt, — wie es Bürscazr ausdrückt, — das Ganze für eine Mundöffnung zu halten !; ? diese Oeffnung kommt auch bei der A. tuberosa vor, sie bildet sich aber nicht vor der Ausbildung des Schwärmers, — zu dieser Zeit ist sie nur mehr ausgedehnt und mithin leichter zu beobachten, sondern ist beständig und führt in einen feinen Canal, welcher ganz auf jene Weise durch Lippen verschlossen wird, wie der contrahirte Körper der Vorticellinen durch den Saum der Glocke (X. 4. 8.), der Spalt ist während der Diastole unsichtbar, bei der Systole hingegen öffnet er sich und bildet den Ausfuh- rungsgang der contrahirten Vacuole; derselbe Gang dient auch als Gebnrtsgang.
Der eiförmige, oder aber nieren- oder bohnenförmige Kern ist bald feinkörnig, fest homogen, bald grobkörnig, wie wenn er aus fest aneinander
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gereihte Kügelchen zusammengesetzt wäre, von seiner Oberfläche ist durch Reagentien eine Membran leicht abzuheben.
STEIN fand im Innern der marinen A. tuberosa oft fast ganz reife Schwärmsprösslinge, welchen nur noch die ‘Cilien fehlten, ganz ausgebil- dete Schwärmer wurden aber von Srrın nicht beobachtet. Ich konnte bei der Acinete des Salzteiches nicht nur die Schwärmer in allen Stadien der Aus- bildung, sondern auch die Umbildung des Schwürmers in die Acinete ofters beobachten.
Es 1st allbekannt, dass im Bezuge der Entwickelung der Embryonen oder Schwärmsprösslinge der Acinetinen zwei entgegengesetzte, und eine vermittelnde Ansicht existiren. Nach CLAPARÉDE und LaAcHMANN sowie nach LIEBERKÜNN ?? entwickeln sich die Schwarmer ganz aus dem Kerne der Mutter-Acinete, nach ENGELMANN ??, Hertwie und Bürscnuur hingegen ent- steht nur der Kern des Sprósslings aus dem Mutter-Kerne, der andere Theil des Kórpers aber aus dem Protoplasma der Mutter, aus welchem sich eine Portion von Protoplasma gewissermassen ausschält, sich auf den Kernspross lagert und auf diese Weise sich zum Kórper des Schwärmers umwandelt; nach STEIN endlich entsteht der Schwärmersprössling entweder aus dem Kerne und Protoplasma der Mutter, indem der. zapfenfórmige Spross des Kernes durch das mutterliche Protoplasma umlagert wird, oder er bildet sich lediglich aus einem abgeschnürten Theile des Mutter- Kernes. °*
Nach meinen Untersuchungen entsteht der Schwärmsprôssling sowohl der A. tuberosa, als auch aller von mir untersuchten Susswasser- Acinetinen auf folgende Weise. Die Entwickelung des Schwärmers nimmt dadurch ihren Anfang, dass sich der Kern der Mutter theilt, und zwar entweder in zwei gleiche, oder ungleiche Theile, im letzteren Falle scheint der Process mehr einer Sprossung, als einer Theilung zu entsprechen. Im ersteren Falle, welcher bei solehen Individuen vorkommt, deren Kern ver- hältnissmässig gross ist, das Protoplasma aber den Panzer ganz ausfullt und in welchen sich offenbar noeh keine Schwärmer bildeten, nimmt das Protoplasma der Mutter nur insofern Theil an der Ausbildung des Schwar- mers, dass derselbe sich auf die Kosten des mutterlichen Protoplasma nührt und. vergróssert, ohne dass sich dabei ein Theil aus dem mutter- lichen Protoplasma ausschálte. Im letzteren Falle hingegen, bei solchen Individuen, bei welchen sich der Kern und das mütterliche Proto- pasma durch wiederholt erfolgte Schwärmerbildung bedeutend verkleinerte (X. 4. 5.), schält sich aus dem mütterlichen Protoplasma eine Portion aus, welche sich aber durchaus nicht einfach in den Korper des Schwarmers umwandelt, — und es würe wohl auch sehr schwer zu denken, dass der Schwärmer wie eine Lavine durch Auflagerung wachse, — sondern die, den Kernsprössling umlagernde muütterliche Protoplasmaschichte bietet
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nur jenes Rohmaterial, aus welchem der Schwärmer seinen Korper auf ahnliche Weise aufbaut und ernührt, wie z. B. eine Chytridiumzelle aus der Wirthszelle, die Eizelle der Wirbelthiere aus den Zellen der Membrana eranulosa, die Kizelle der Insecten aus den Zellen des Dotterfaches, oder endlich der Embryo aus dem. Nahrungsdotter. Dass zwischen dem sich zum Schwarmer ausbildenden Kernspróssling und dem denselben umhül- lenden mütterlichen Protoplasma in der That dieses Verhältniss existirt, dies wird auf das kräftigste durch den Umsand unterstützt, das der Schwärmer mit seinem hellen Protoplasmakórper, seinem Kerne und seiner contractilen Vacuole oft schon zu jenem Zeitpunkte ganz fertig ist, wenn er noch von einem Reste der ausgeschälten und etwas abstehenden Proto- plasmaschichte umhüllt wird, welche Schichte sich oft schon ohne Reagen- tien, oder naeh Anwendnng von verdünnter Essigsäure-Lösung auf das Deutlichste unterscheiden lässt, ja diese Schichte wird oft sogar durch einen hellen Safthof vom Schwärmer getrennt. Der Umstand, dass der Schwärmer oft verhältnissmässig sehr gross ist und oft auch schon ziemlich grosse fettglànzende Klumpchen enthält, kann keinesfalls als Argument gegen die Bildung des Schwürmers aus dem Kerne angesehen werden: da sich der Schwärmer auf Kosten des mütterlichen Protoplasma vergrössert und in Folge seiner kráftigen Ernährung auch schon innerhalb der Mutter auch Reservestoffe ausbilden kann.
Wenn wir das Verhältniss des Schwarmers zum mutterlichen Korper so auffassen, wird die Auffassung von STEIN, nach welcher sich die Schwarmer der Acinetinen entweder lediglich aus dem Kerne, oder aber aus dem Kernspróssling in einer ausgeschalten Schichte des mutterlichen Protoplasma ausbilden, durchaus nicht sich selbst widersprechend erscheinen, da doch diese dem Anscheine nach ganz verschiedenen Arten der Entwicklung, dem Wesen nach mit einander übereinstimmen.
In Bezug auf die theoretischen Bedenken, welche Hrrrwıe gegen die Bildung der Acinetenschwärmer aus dem Kerne anführt, welchen sich auch Bürscazr anschliesst, ja sogar die Bildung der Schwarmer aus dem Kerne aus theoretischen Gründen als ganz undenkbar darstellt, indem er sagt: «Ohne hier leugnen zu wollen, dass bei Amôben und Rhizo- poden nieht móglicherweise eine Fortpflanzung durch endogen erzeugte Sprósslinge vorkommen kónne, so dürfte doch mit grosser Sicherheit zu vermuthen sein, dass eine Fortpflanzung durch aus dem Nucleus hervor- gegangene Brut nicht statt hat, da hierdurch, bei der nachweislichen Identitát der Nuclei der Rhizopoden mit denen echter Zellen, unsere ganze Erfahrung über das Wesen der Zelle auf den Kopf gestellt würde ??, — bezüglich dieser theoretischen Bedenken will ich hier nur so viel erwähnen, dass unsere heutigen Kenntnisse von der physiologischen Aufgabe des Zellenkernes noch so mangelhaft sind, dass theoretische Bedenken gegen
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die Auffassung, dass sich der Zellenkern in eine Zelle verwandeln kann, überhaupt nicht in Betracht gezogen werden kónnen. Ferner muss ich hier noch erwähnen, dass jene in England durch CARTER und WarricH, in Deutschland besonders durch Ricuanp GREEFF vertretene Ansicht, nach weleher der Kern der Rhizopoden ein Fortpflanzungsorgan darstellt, aus welchem sich Embryonen, welche dem morphologischen Werthe einer Zelle entsprechen, auf dieselbe Weise bilden wie bei den Acinetinen, durchaus nicht wiederlegt ist; ja, die von Herrwie publicirten sehr werth- vollen Untersuchungen über die Schwärmerbildung der Radiolarien 59 sprechen, nach meiner Auffassung, eben dafür, dass sich diese Schwärmer aus den Kernen der Cameralkapsel bilden und dass die intracapsulare Sarkode den sich zu Schwarmern organisirenden Kernen nur Nahrstoffe bietet und Herrwie’s ganze Argumentation kann es nicht widerlegen, dass sich die Schwärmer der Radiolarien aus den Kernen der Centralkapsel bilden. Endlich kann ich nicht umhin auf die, für das Eindringen in das Wesen der Zelle so überaus wichtigen, und an Ideen so reichen Studien von AUERBACH zu weisen, in welchen er zu jenem wichtigen Resultate gelangt, dass auch noch die Nucleolen Elementarorganismen sind, welche sich unter gewissen Umständen in Zellen verwandeln können; so sollen namentlich während der Histolyse der Museiden aus den frei gewordenen Nucleolen die Zellen der sich neubildenden Gewebe werden: «Bei dieser Betrachtung erscheint demnach der Zellkern als ein hohler Brutraum, bestimmt eine junge Zellenbrut in sich zu entwickeln, die Nucleoli aber als wahrhaft endogen entstehende Tochterzellen. Für letztere kommt es
dann weiterhin darauf an, ob sie gelegentlich einen Ausweg aus der Mut- .
terzelle finden mögen, um als frei gewordene Elementarorganismen weiter zu leben.»
Nach dem eben Angeführten glaube ich es für gerechtfertigt von den theoretischen Bedenken, bei dem jetzigen Stande unseres Wissens, ganz
abzusehen und uns einstweilen nicht zu kümmern, wenn dadurch môgli- |
cherweise auch «unsere ganze Erfahrung — und setzen wir hinzu unsere mangelhafte Erfahrung — über das Wesen der Zelle auf den Kopf gestellt wurde.»
Die ausgebildeten Schwärmer werden im Innern der Acinete in einen Hohlraum aufgenómmen, welcher mit dem eben erwähnten Ausführungs- gang der contractilen Vacuole communicirt und gewohnlich genügenden Raum bietet, um den Schwärmer in der enthaltenen wasserhellen Flus- sigkeit rotiren zu lassen (X. 4.). Es scheint mir, dass sich diese Hôhle nicht während der Entwicklung des Schwärmers ausbildet, sondern schon vorgebildet ist, aber bei Individuen, welche keinen Schwärmer enthalten, fest geschlossen ist um sich nur dann zu Öffnen, wenn sie den Schwärmer, welcher gewissermassen in sie hineinsprosst, aufnimmt. Bei solchen Indi-
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viduen, deren Körper wahrscheinlich in Folge von wiederholter Schwär- merbildung geschrumpft ist, ist diese Höhle, nennen wir sie Bruthöhle, stark erweitert und erscheint als ein flaschenförmiger membranöser
Schlauch (X. 5.), dessen Hals dem sehr erweiterten Ausführungsgange der
contractilen Vacuole entspricht und natürlich auch für den Schwärmer als Ausführungsgang dient. Nach erfolgten Ausschwärmen fällt die Bruthöhle wie ein leerer Sack zusammen, wird faltig und scheint endlich nach allmä- liger Contraction des Körpers gänzlich zu verschwinden. Dieser membra- nöse Schlauch, welcher meines Wissens nirgends erwähnt wird, erinnert sehr an die Chytridienschläuche, sowie an jene flaschenförmigen Schläuche, durch welche die sogenannten acinetenartigen Embryonen der Ciliaten hinausschwärmen.
Ich konnte bei der A. tuberosa zweierlei Schwärmer unterscheiden, nämlich ganz bewimperte (X. 5. 10—12.) und solche mit nur 4—5 Cilien- kränzen (X. 4.) zwischen welchen keine Uebergangsformen vorkommen ; ich muss jedoch erwähnen, dass, als ich im Herbste im frisch geschópften Wasser zwischen sehr zahlreichen Exemplaren von Vorticella nebu- . lifera nur vereinzelnte Acineten antraf, alle beobachteten Schwarmer zur zweiten Form gehórten, nach mehreren Wochen hingegen, nachdem sich die Acineten bedeutend vermehrten, gehörten sämmtliche Schwärmer zur ersten Form. Ich kann hier nicht unerwähnt lassen, dass ich auch bei der Podophrya fixa zweierlei, bei der P. quadripartita aber mehrerlei Schwärmer antraf. Bei P. fixa sind die Schwärmer gewisser Generationen cylindrisch mit einem Cilienkranz, bei anderen Generationen hingegen constant flach- gedrückt ebenfalls mit einem Cilienkranz und ungefähr so geformt, wie wenn die cylindrischen Schwürmer in der Richtung der Längsachse zusam- gedrückt wären; auch durch ihre hier nicht näher zu besprechende Ent- wicklung unterscheiden sich diese zweierlei Schwärmer. Bei Podophrya quadripartita führen die Schwärmer gewisser Generationen 1—3 Cilien- kränze, bei anderen Generationen hingegen wächst die Zahl der Cilien- kränze dermassen, dass nur die beiden Kôrperpole wimperlos sind, und oft sind diese nackten Pole so klein, dass der Schwärmer leicht für holo- trich gehalten werden kann. — Die mit Cilienkränzen versehenen Schwürmer der À. tuberosa weichen in nichts ab von anderen derlei Acinetenschwür- mern, so dass ich einfach auf die Abbildung weisen kann (X. 4.); die holo- trichen Schwürmer sind von kreis-, ei- oder birnfórmigem Umriss und oft, aber durchaus nicht immer, flach gedrückt (X. 10.) ; sie sind entweder mit Korperstreifen versehen oder nicht und die schiefen Streifen kreuzen sich oft (X. 5. 10. 12), ihr bei dem Schwürmen nach Vorne gerichtetes Ende trägt eine kleine warzenfórmige, an den Mund der Enchelynen erinnernde Vorstulpung (X. 11. 12.), mit welcher sie sich, wenn sie während ihres ungestümen Herumsehwürmens auf einige Augenblicke ausruhen, wie mit
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einer Saugscheibe fixiren; ihre Organisation wird noch durch ein bald hyalines, bald durch Körnchen und fettglànzende Klümpchen getrübtes Protoplasma, durch einen kugel- oder eiförmigen Kern und einer contrac- tilen Vacuole am hinteren Körperende ergänzt.
Die Umwandlung des Schwärmers in die festsitzende Acinete konnte ich oftmals beobachten. Nachdem der Schwärmer die herumirrende Periode seines Lebens beendet, fixirt er sich mit seinem haftscheibenartigen Organ, welches allmalig wächst und sich zum Stiele heranbildet. Gleich nach der
Fixirung erscheinen kleine geknöpfte Tentakeln an der ganzen Oberfläche,
welche die Bewimperung sammt einer feinen Cuticula abheben, — die Acinete scheint sich gewissermassen zu häuten (X. 13.). Diese zerstreuten Tentakeln werden wieder zurückgezogen und statt ihnen erscheinen an den allmalig sich vorstulpenden Seitenhóckern die bleibenden Tentakeln und die junge Acinete erreicht bald ihre charakteristische Organisation.
Ich fand nicht eben selten einzelne Acineten, welche innerhalb ihres
Panzers der Lange nach in zwei gleiche Hälften getheilt waren, von welchen :
die eine durch ihr grobkórniges Protoplasma von der ganz hyalinen anderen Halfte sich sehr scharf unterschied (X. 6.). Dass hier nicht etwa ein ein- facher Theilungsprocess vorliegt, auf dies scheint der ganz verschiedene Protoplasmakórper der beiden Hälften zu weisen; was aber das fernere Schicksal dieser zweigetheilten Acineten sei, konnte ich nicht ermitteln und ich begnüge mich die Beobachtung einfach anzufuhren.
Schon oben bei der Besprechung des mit dem Placus striatus, Conn, fur identisch gehaltenen Infusionsthieres wies ich auf die Moglichkeit, dass dieses rathselhafte Wesen in den Formenkreis der A. tuberosa gehore. Wenn man den Placus striatus mit jenen Schwärmern der A. tuberosa vergleicht, welche in zwei sich kreuzenden Richtungen gestreift sind, kann man sich durch die überraschende Uebereinstimmung bestochen kaum des Gedankens der Zusammengehorigkeit erwehren; der einzige wichtige, jedenfalls nicht zu unterschátzende Unterschied besteht in dem, dass die warzenformige Vorstülpung am vorderen Pole des Placus einem Munde, die homologe Bildung bei den Acinetenschwärmern aber einer Haftscheibe entspricht, welche nach der Fixirung zum Stiele auswachst. — Ware es
aber nicht zu denken, dass dieses anfangs weiche Scheibchen bei einzelnen
Exemplaren, wenn sie während ihres Umherschwärmens sich auf einige Momente auf irgend einen fremden Korper, z. B. auf ein Infusionsthier mit Ungestüm fixiren, dem Drucke nachgebend sich óffnete und sich auf diese Weise in einen Mund verwandelte? Dies ist bei dem ungestümen und zudringlichen Wesen der Schwärmer gar nicht undenkbar und wenn dies wirklich stattfindet, so ist aus dem Acinetenschwärmer ein Placus entstanden, welcher eine von den Acineten verschiedene Lebensweise führt
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und den Ausgangspunkt einer mit einem Munde versehenen und beständig bewimperten Generation bilden kann. Dass diese veründerte Nahrungs- weise nicht undenkbar ist, dafür kann der Umstand sprechen, dass, wie ich schon oben erwähnte, manchmal auch die festsitzenden Acineten ihre Beute statt auszusaugen, kurzweg verschlingen, ja, diese aussergewóhn- liche Nahrungsaufnahme kann auch die gewóhnliche werden, wie bei der Podophrya Trold. Ferner kann noch in Betracht gezogen werden, dass nach Hxnrwra die verschiedensten Acinetenschwärmer einen rudimentären Mund, manche sogar auch einen Schlund besitzen, und ist es wohl nicht wahrscheinlich, dass der rudimentäre Mund sich gelegentlich in einen wirklichen, functionirenden verwandelt? — Dass der mit einem Munde versehene Schwärmer seine somit nur vorübergehende Bewimperung behält, kann unmöglich überraschen, da wir doch wissen, dass die Bewim- perung auch bei ausgebildeten Acineten wieder erscheinen kann, wenn sie sich unbehaglich fühlen, z. B. wenn sie in einem Tropfen längere Zeit gehalten werden, und die wieder bewimperte Acinete kann, wie die Untersu- chungen von Hrrrwic und MavPas an Podophrya fixa beweisen, ihren Stiel verlassen und als grosser Schwärmer herumirren und Maupas erwähnt es wohl mit Recht, dass die Podophrya fixa ihren Namen gar nicht ver- dient, nachdem sie je nach ihrer Willkühr bald herumschwärmt, bald wieder sich festsetzt und auf diese Beobachtung gestützt, will der genannte Forscher in der Podophrya fixa eine Uebergangsform zwischen den Acine- tinen und Ciliaten erblicken ?®; wenn nun auch andere Acinetinen zu wie- derholten Malen ihre verlorene Bewimperung, wenn es Noth thut, wieder erhalten : warum sollten nicht die Schwärmer der A. tuberosa ihre Wimpern gelegentlich behalten ? Endlich will ich noch an Sretn’s eigenthümlichen Actinobolus radians erinnern. Der Körper dieses bizarren Infusionsthieres ist, — nach der Beschreibung von STEIN, — kugelig oder umgekehrt eiförmig, am vorderen Pole mit einem kurzen zitzenförmigen Fortsatz ver- sehen, in dem die enge Mundöffnung liege, und ringsum mit gleichför- migen kurzen Wimpern besetzt. Zwischen den Wimpern stehen zahlreiche fadenmörmige Tentakeln zerstreut, die sich, wie die Tentakeln der Acineten, beträchtlich verlängern und auch spurlos in den Körper zurückziehen können. Der ziemlich lange, strangförmige Nucleus ist unregelmässig zusammengekrummt. Die Gegenwart von Mund und After schliesst unser Thier — sagt STEIN — entschieden von den Acineten aus, denen es auf den ersten Anblick sehr ähnlich erscheint, —
Hertwie sieht nun in diesem Infusionsthier, welches von STEIN in die Familie der Enchelynen gereiht wird, einen mit beständigem Munde versehenen Acinetenschwürmer 9", gegen welche Auffassung wohl kaum etwas eingewendet werden kann; und wenn diese Auffassung richtig ist, wenn es Acinetinen giebt, welche sich durch den Mund ernähren und ihre
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‘Wimpern behalten: so spricht wohl alle Wahrscheinlickkeit dafür, dass der Placus, welcher sich von den Schwärmern der A. tuberosa nur durch das Vorhandensein des Mundes unterscheidet und mit dieser Acinete zusammen lebt, auch nichts Anderes ist, als eine im Sehwürmerzustande gebliebene und mit einer Mundóffnung versehene Acinete. | | In der Ueberzeugung, dass eine Hypothese — wie dies ScHwann in seiner epochalen Arbeit sagt, — nie nachtheilig ist, so lange man sich des Grades ihrer Zuverlässigkeit und der Gründe bewusst bleibt, auf denen sie beruht 9!, wollte ich einen Ausdruck geben dieser meiner zwar nur auf Ver- muthung beruhenden, aber höchst wahrscheinlich richtigen Anschauung. — Sollte sich aber diese Vermuthung als begründet erweisen, so dürfte sie für die Erkenntniss der Zusammengehorigkeit der Infusorien-Formen von höchster Wichtigkeit sein, da sie ganz gewiss dahin führen wird, dass wir in vielen Repräsentanten der Enchelynen, Trachelynen (und vielleicht auch der Opalininen) nichts Anderes erblicken, als zu einer Selbstständigkeit gelangte Acinetenschwärmer, für welche Auffassung auch noch jener Um- stand zu sprechen scheint, dass gewisse Enchelynen und Trachelynen in jenem Wasser immer erscheinen, in welchem Acinetinen mehrere Gene- rationen hindurch sich fortpflanzen ; ich fand wenigstens diese Infusorien, seitdem ich auf dieses Verhältniss aufmerksam wurde, nie in einem Wasser, in welchem keine Acinetinen vorhanden waren. Und wenn die in der Infu- sorienkunde zu einer Zeit für so wichtig gehaltene, heute freilich schon gänz- lich fallen gelassene Acineten-Theorie durch fernere Untersuchungen sich doch für richtig erwiese (und die ersten Eindrücke sind gewöhnlich richtig, denn sie sind noch unbefangen !); wenn die Umwandlung der Vor- ticellinen in Acinetinen dennoch kein leerer Traum ist, wofür sie heute ganz allgemein gehalten wird, sondern thatsächlich eintrifft, wie dies die von STEIN vor dreissig Jahren aufgestellte und ein so grosses Aufsehen hervor- gerufene Theorie lehrte ; wenn die sogenannten acinetenartigen Embryonen, wenn auch nicht in den gewöhnlichen Entwickelungsgang einer für eine selbständige Art angesehenen Infusorien-Form, sondern doch in die natür- liche Formenreihe einer x-ten Generation gehörten, hervorgebracht durch eine Accomodation zu den veränderten Nahrungsverhältnissen, welche doch im Laufe der Vermehrung eines Infusionsthieres jedenfalls eintreffen müssen, was selbst durch die serupulöseste Erwägung unserer heutigen Kenntnisse nicht ausgeschlossen wird: in diesem Falle dürfte die Acineten- Theorie in der Verbindung mit dem, dass die Schwärmer der Acinetinen sich in Ciliaten verwandeln kónnen, zu jener hóchst wichtigen Schlussfol- gerung führen, dass bei den Infusorien keine constante Species existiren, sondern nur periodisch wiederkehrende Formen, welche je nach den Nah- rungsverhältnissen in veränderter Organisation ihr Leben fortsetzen, — zu welcher Auffassung mich meine Untersuchungen immer näher drüngen.
Druck des Franklin-Verein,
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Ny.Grund V. Budapesten
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Természetrajzi Füzetek ILkôtet.1878.